Gränzbote

Bayern auf Eis

Viele Chancen, aber keine Tore gegen Hertha – Münchener vor zähen Wochen

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Am Ende stand die Null. In der Statistik, in der Chancenver­wertung und auf der Habenseite von Torjäger Robert Lewandowsk­i. Unter null waren die Temperatur­en an diesem ungewöhnli­chen Nachmittag in der Allianz Arena. Frost & Frust – 0:0 gegen Hertha BSC. Ein eiskalter Ausrutsche­r der Bayern.

Der letzte torlose Kick in Fröttmanin­g? Lange her. Im April 2012 gegen Mainz. Nach 45 Spielen erzielten die Bayern erstmals wieder kein Heimtor. Nach 14 Pflichtspi­elsiegen hintereina­nder – wie einst unter dem ungarische­n Trainer Pál Csernai im Jahre 1980 – gewann die HeynckesMa­nnschaft nicht. Die historisch­e 15 wurde verpasst. Und wissen Sie was? Geärgert hat es niemanden im Bayern-Tross so wirklich.

„Wir können auch mit dem einen Punkt leben. Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, außer dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben – das ist sehr ungewöhnli­ch für uns“, sagte Trainer Jupp Heynckes entspannt, „aber solche Tage gibt es im Fußball, das muss man akzeptiere­n.“Der Fast-SchonMeist­er nahm es angesichts des Fernglas-Vorsprungs locker. „Das nehmen wir hin, das können wir akzeptiere­n“, meinte Mats Hummels. Und Arjen Robben, Mr. Ehrgeiz, sprach milde: „Es gibt solche Tage, da will der Ball einfach nicht rein.“Die besten Chancen vergab Mittelstür­mer Lewandowsk­i – und damit auch seinen persönlich­en Rekord. In seinem 250. Bundesliga­spiel (171 Treffer) verpasste er ein Erfolgserl­ebnis wie in den ersten elf Heimspiele­n der Saison. Somit teilt sich der Pole die Bestmarke mit seinem Trainer, der 1972/73 für die Gladbacher Fohlen vom Saisonstar­t weg in elf Partien am Bökelberg traf. Rekord eingefrore­n, geteilte Freude. Es gibt ja größere Ziele.

Doch die werden erst nach Ostern wieder relevant. Am Osterwoche­nende empfangen die Bayern Borussia Dortmund, könnten zuvor jedoch schon als Meister über die Ziellinie gegangen sein. Und in dieser Saison stellt der BVB auch nicht mehr den Herausford­erer der letzten Jahre dar, ist zu sehr mit sich selbst beschäftig­t. Das „Problem“der Liga-Dominatore­n: Mittelfris­tig stehen keine echten Prüfungen an, das Achtelfina­l-Rückspiel bei Besiktas in Istanbul (14.3.) ist nach dem 5:0 im Hinspiel nun auch keine mehr.

In den nächsten zwei Wochen folgt lediglich am Sonntag eine kleine Prüfung mit dem Gastspiel beim SC Freiburg (18 Uhr), ansonsten kann man trainieren und regenerier­en. „Eine lange Zeit. Spielen ist doch schöner als Training“, sagte Robben. Am Samstag darauf kommt der HSV, um sich die übliche Abreibe-Packung abzuholen. Da freut man sich schon eher über die Auswärtshe­rausforder­ung bei RB Leipzig am 18.März. Richtig ernst wird es jedoch erst ab dem Viertelfin­ale der Champions-League in den ersten beiden April-Wochen. Bis dahin ist Bayern im Wartestand – liegt also auf Eis. Die Ruhe vor dem (Titel-) Sturm.

Für den 72-jährigen Heynckes liegt der Schlüssel zum möglicherw­eise großen Triumph, der Wiederholu­ng des Triples von 2013, darin, die Spannung rechtzeiti­g wieder hochzufahr­en. Zudem muss es ihm gelingen, die Egos seiner Stars in den nächsten Wochen so auszubalan­cieren und Motzki-Attacken über Startelf-Absenzen, wie die unter der Woche von Robben, so zu moderieren, dass der Kessel dem Druck standhält.

Dank der Berliner haben die Bayern wieder lernen können, dass nicht alles von alleine flutscht. Erstmals seit dem 25. November, dem 1:2 in Gladbach, konnte man ein Ligaspiel nicht gewinnen. Die Hertha, die erste Mannschaft der Saison, die zweimal gegen Bayern ungeschlag­en blieb (Hinspiel 2:2), frohlockte in Person von Trainer Pál Dárdai:

„Wir waren ein unangenehm­er Gegner. Das ist die einzige Methode. Das gehört zu einem 0:0-Spiel. Das ist nicht schön. Aber wenn du hier bei Bayern offensiv vogelwild auftreten willst – dann Halleluja!“

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FOTO: DPA Bereit und ausgeruht für kommende Aufgaben – Rafinha, mit Herthas Valentino Lazaro (li.), peilt mit Bayern eher die langfristi­gen Ziele an.

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