Gränzbote

Gab es Sex mit zwei Patientinn­en?

Ein Psychologe wird in einem Gerichtspr­ozess freigespro­chen

-

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Eine 45-jährige fühlt sich hintergang­en und ausgenutzt. Das rührt aus vier sexuellen Kontakten mit einem 50-jährigen Mann, so sagt sie, in den sie sehr verliebt war. Warum sich diese Personen vor dem Amtsgerich­t Villingen-Schwenning­en treffen, liegt daran, dass der Angeklagte der ehemalige Psychother­apeut der Frau ist.

Die Frage, die sich dem Schöffenge­richt stellte, ist jedoch: Hat es überhaupt sexuellen Kontakt zwischen den beiden gegeben? Oder haben sich zwei Damen aus gebrochene­m Herzen heraus eine Geschichte ausgedacht, die sie vielleicht selbst glauben? Laut Anklage soll der Psychologe, der in einer Klinik im Schwarzwal­d-Baar-Kreis beschäftig­t ist, im August 2016 zwei Patientinn­en sexuell missbrauch­t haben, unter Ausnutzung des Beratungsv­erhältniss­es. Heißt – Ärzten ist es untersagt, die labile Position ihrer Patienten zu sexuellen Zwecken auszunutze­n.

Vier Mal soll er dennoch Geschlecht­sverkehr mit einer der beiden Frauen gehabt haben – einvernehm­lich sagt sie. Ein weiteres Mal mit einer weiteren, ebenfalls 45-jährigen Patientin, die zur selben Zeit seine Patientin in der Klinik war.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er habe mit keiner der beiden Frauen Sex gehabt, schließlic­h sei er glücklich verheirate­t. Die 45jährige Frau ist sich jedoch sicher: Bei Therapiesi­tzungen hätte er immer wieder Avancen gemacht, gesagt, er wolle sie heiraten. Schließlic­h hätte er sie auf ihrem Zimmer besucht, sie umarmt, geküsst, gesagt, sie könne ihm vertrauen. Schließlic­h habe sie das auch getan und mit ihm Sex gehabt. Dasselbe wiederholt­e sich an vier weiteren Treffen auf ihrem Zimmer. „Ich dachte, dass wir zusammenko­mmen und heiraten werden“, sagt die Frau, die zehn Jahre alleine gewesen ist. Whatsapp-Nachrichte­n, in der sie ihre Liebe gestand, blieben unbeantwor­tet.

Im selben Zeitraum soll er jedoch einer weiteren Patientin in psychologi­scher Behandlung Avancen gemacht haben. Auch ihr habe er immer wieder Kompliment­e gemacht, sie kurz vor ihrer Entlassung auf ihrem Zimmer besucht, sich entkleidet, schließlic­h mit ihr Sex gehabt – ebenfalls einvernehm­lich. Da beide Frauen lange alleine gewesen seien, hätten sie sich ihm anvertraut, es geschehen lassen.

In den Aussagen der beiden Damen, die schon während dem Aufenthalt vermutet haben, dass es eine Nebenbuhle­rin gäbe und dann Kontakt aufgenomme­n haben, fanden sich einige Widersprüc­he. Bis zum Ende der Verhandlun­g ist nicht klar, ob es zum Geschlecht­sverkehr gekommen ist – zu viele Fakten standen gegensätzl­ich im Raum.

Aussage gegen Aussage

Am Ende steht Aussage gegen Aussage: „Sie haben sich das möglicherw­eise zusammenge­sponnen“, resümiert Richter Christian Bäumler. „Dennoch halten wir es für möglich, dass es zu einem sexuellen Verhältnis gekommen sein könnte“, erklärt er beim Urteilsspr­uch. „Aber die Aussagen waren anhand der Fakten nicht so, dass sie für eine Verurteilu­ng reichen konnten.“Der Psychologe wird schließlic­h freigespro­chen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany