Das Überthema heißt Umgang mit Vielfalt
Inklusion, aber auch ganz „normales“Lernen, erfordert hohe Flexibilität – und Ruhe
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SPAICHINGEN - Lernen in der großen Gruppe? Akzeptieren, dass es lernstärkere und lernschwächere Schüler gibt? Das sind zwei der Hauptknackpunkte für ein gelungenes inklusives Lernen von Kindern mit besonderem Förderbedarf in Regelschulen. Das hat eine kleine Umfrage bei den Rektoren der Wehinger Schlossbergschule, der Lemberschule in Gosheim und der Aldinger Gesamtschule ergeben.
Die Wehinger Schlossbergschule, eine Grund- und Werkrealschule, bietet Inklusion schon im fünften Jahr an und das, obwohl das entsprechende Gesetz, das den Rechtsanspruch festschreibt, erst seit 2015 in Kraft ist. In diesem Jahr, mit nun zehn Inklusionsschülern, sei die Schule auch ordentlich mit Lehrern versorgt. Miteinander gelinge es, auch die Inklusion zu erfüllen.
Mit einem Aber: Wenn ein Kind das Lernen in der großen Gruppe nicht aushält, wird den Eltern angeraten, es im SBBZ (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum, so heißen die Förderschulen heute) lernen zu lassen, berichtet der Wehinger Rektor Berthold Stehle auf unsere Anfrage. Das würde helfen zu vermeiden, dass Kinder leiden.
Seine Schule habe mit der Aufgabenstellung der Inklusion kaum Probleme, weil die Schule sich mit ihren kleinen Klassen selbst sehr stark das Profil der individuellen Förderung gegeben habe.
So seien längst nicht alle Schüler mit besonderem Förderbedarf auch als solche erfasst. Einmal habe er einen Sonderpädagogen, der zwei- bis zweieinhalb Stunden pro Schüler und Woche an der Regelschule unterstützt, gebeten zu sagen, welche Schüler einer Matheklasse die mit besonderem Bedarf seien. Er sei auf auf acht gekommen, in der Tat waren es drei.
„Viele Entwicklungsprozesse“
Das unterstützt, was Aldingens Gemeinschaftsschulrektor Bernhard Straile sagt: „Es ist für uns nicht eine weitere Lernstufe, sondern eine weitere Verschiedenheit.“Das globalere Thema sei: Unterricht in Klassen mit extremer Heterogenität. Inklusion in den Schulen zu etablieren sei ein weiterer Entwicklungsprozess. Die Frage etwa, wie Kinder beschult werden, die kein Deutsch sprechen, gehöre dazu. Dazu komme, dass Grundschüler bis Klasse sechs und nach der Pubertät mit Inklusion gut zurecht kommen, „die Pubertät aber keine Phase ist, in der Inklusion zum Highlight wird.“
Eigentlich brauche das Land ein pädagogisches Gesamtkonzept und dafür vor allem Ruhe, so Straile. „Wir haben ein hochleistungsfähiges Kollegium mit einer positiven Grundstimmung, aber immer am oberen Rand der Belastung“, da seien politische Geplänkel nicht eben hilfreich.
Die Regelschulen, die Schüler mit besonderem sozialpädagogischen Bedarf aufnehmen, werden unterstützt von Förderschulen, die heute SBBZ heißen. Und auch für sie hat die Anforderung an die Flexibilität zugenommen.
Denn nach wie vor werden 30 Schüler zum Beispiel an der Lembergschule in Gosheim unterrichtet, in Inklusionsschulen sind es 15, informiert Rektorin Maria Luise Eberle. Das bedeutet, zwei Pädagogen sind im „Außeneinsatz“, die Organisation liegt bei der dortigen Schule, Fachaufsicht aber beim SBBZ, die anderen nach wie vor an der Schule.
Der Beratungsbedarf für die Eltern sei riesig, so Eberle, denn sie hätten oft keine Vorstellung davon, wie zwei Bildungspläne zur Deckung gebracht werden müssten. Leider gebe es für die Koordination zwischen Sonderpädagoge und Schule keine Stunden für die Koordination, dabei müsse die ganz viel koordinieren.“
Eltern drängten oft zur Beschulung in der Regelschule. Aber es gebe auch andere Beispiele. So hätten ein Kind und seine Eltern entschieden, in die Lembergschule in die kleine Klasse zu gehen, um schneller aufzuholen und dann gar keinen Sonderbedarf zu haben.