Ein Mann in der Midlife-Crisis
Ben Stiller beeindruckt in „Im Zweifel glücklich“als neurotische Figur
G● ibt es ein falsches Leben im richtigen? So scheint sich Brad Sloan (Ben Stiller) zumindest zu fühlen. Denn für sich genommen sieht das Leben des Endvierzigers eigentlich ganz gut aus: Er ist Gründer und Mitarbeiter einer kleinen gemeinnützigen Organisation, hat eine sehr warmherzige Frau (Jenna Fischer) und einen ebenso talentierten wie geerdeten Sohn, Troy (Austin Abrams). Doch als Brad mit diesem nach Boston aufbricht, um sich mögliche Colleges anzusehen, beginnt in ihm eine Midlife-Crisis von epischen Ausmaßen aufzubrechen.
Brad selbst hat dort an der Universität studiert, beginnt sich nun mit den Freunden von einst zu vergleichen. Und denen gegenüber scheint er im Leben eindeutig den Kürzeren gezogen zu haben: Billy Wearslter (Jermaine Clement) konnte sich nach dem Verkauf seiner Firma bereits zur Ruhe setzen und lebt mit gleich zwei jungen Schönheiten auf Hawaii. Finanzexperte Jason Hatfield (Luke Wilson) ist stinkreich und hat einen eigenen Jet. Craig Fisher (Michael Sheen) schließlich schreibt Bücher, ist als Politikexperte laufend im Fernsehen, bekommt in jedem Restaurant einen Tisch – und ausgerechnet ihn wird Brad um einen Gefallen bitten müssen.
Der optimistische deutsche Titel passt in diesem Fall nur sehr bedingt. Der englische trifft es besser: „Brad’s Status“bezieht sich zum einen auf die Statussymbole, die Brad begehrt, zum anderen auf eine Bilanzaufnahme, die über ein Facebook-StatusUpdate weit hinausgeht.
Für eine so neurotisch-zweifelnde Figur ist kaum ein Darsteller so gut geeignet wie Ben Stiller. Er zeigt hier eine seiner besten Leistungen. Der Film ist getragen von seinem inneren Monolog, der sich in immer obsessivere Szenarien hineinsteigert. Erst wird Sohn Troy die Kompensation aller unerfüllten Wünsche aufgebürdet, dann beginnt Brad, ihm diese mögliche Zukunft zu neiden. Sympathisch macht das die Figur nicht, dafür dürfte sich mancher Zuschauer in Brads kleingeistigen Anwandlungen öfter wiedererkennen als ihm lieb ist.
Regisseur Mike White, bislang vor allem als Drehbuchautor von gutgelaunten Filmen wie „School of Rock“aufgefallen, inszeniert „Im Zweifel glücklich“dann auch nicht als Komödie, wobei er durchaus den Humor in Brads Aktionismus herausarbeitet. Er macht sich über das Leiden seiner Figur nicht durchweg lustig. Aber gleichzeitig stellt er immer wieder klar, dass es sich hier um Luxusprobleme eines mittelalten, weißen Mannes handelt. Das hält ihm Troys Freundin, die Studentin Ananya (Shazi Raja), vor. Die Begegnungen zwischen Brad und ihr zählen zu den besten Momenten des Filmes und lassen Idealismus und Zynismus aufeinanderprallen.
Für manche mag „Im Zweifel glücklich“nicht viel mehr als überlanges Kunstkino sein, in dem Stiller mit zerknautschtem Gesicht wehleidig mit sich selbst spricht. Gerade in den scheinbar banalen Szenarien offenbart der Film aber viel Lebensnähe, verhandelt universelle Fragen und hat deshalb sein Publikum durchaus verdient.
Im Zweifel glücklich. Regie: Mike White. Mit Ben Stiller, Austin Abrams, Jenna Fischer. USA 2017. 101 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.