Ein Neuanfang, aber kein Bruch
Viktor Schoner und Cornelius Meister stellen ihre Pläne für die Oper Stuttgart vor
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STUTTGART - Große Veränderungen stehen den Württembergischen Staatstheatern bevor: Mit der neuen Saison 2018/2019 gibt es in allen drei Sparten ein neues Leitungsteam. Der designierte Opernintendant Viktor Schoner und der künftige Generalmusikdirektor Cornelius Meister haben in Stuttgart als Erste ihre Pläne vorgestellt.
Es sind große Fußstapfen, in die die beiden Neuen an der Spitze der Oper treten. In seiner Intendantenzeit hat Jossi Wieler zusammen mit Sergio Morabito mit eigenen Inszenierungen, aber auch solchen von Gästen Aufsehen erregt. Stuttgart war schon immer für innovatives Musiktheater bekannt. An diese Tradition möchte das neue Team unter dem Motto „Fragen statt Antworten“anknüpfen. Dies hat der designierte Intendant Viktor Schoner bei der Programmvorstellung betont. „Wir machen nicht alles neu“, versichert er. Das heißt auch: Neben neuen Inszenierungen soll das Repertoire gepflegt werden. Dazu bekennt sich auch der neue designierte Generalmusikdirektor Cornelius Meister. Und so wird er nicht nur bei zwei eigenen Premieren am Pult des Staatsorchesters stehen, sondern auch bei den Wiederaufnahmen von „La Bohème“, „Tosca“und „Ariadne“.
Das Eröffnungswochenende vom 28./29./30. September ist von dieser Haltung geprägt: Die erste eigene Premiere ist „Lohengrin“. Regie führt der Ungar Arpád Schilling, Cornelius Meister dirigiert, die Titelpartie singt Michael König, Simone Schneider debütiert als Elsa. Umrahmt wird die Neuproduktion von Achim Freyers inzwischen legendärem „Freischütz“und der gefeierten „Ariodante“-Inszenierung von Wieler/Morabito.
Weitere Neuinszenierungen folgen in der Saison: Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“, Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“, Henzes „Der Prinz von Homburg“, Adams’ „Nixon in China“, Glucks „Iphigénie en Tauride“und Boitos „Mefistofele“.
Viktor Schoner, der Bratsche und Musikwissenschaft studiert hat, arbeitete in den vergangenen zehn Jahren als Künstlerischer Betriebsdirektor der Bayerischen Staatsoper eng mit dem Intendanten Nikolaus Bachler und dem Generalmusikdirektor Kirill Petrenko zusammen. Dadurch ist er mit der internationalen Musikszene bestens vertraut. So gibt es auch Kooperationen und Übernahmen wie Fabrizio Cassols „Überschreibung“von Mozarts Requiem in der Regie von Alain Platel.
Die neue Leitung markiert einen Generationenwechsel an der Stuttgarter Oper: Schoner ist Jahrgang 1974, Cornelius Meister Jahrgang 1980. „Kohl war unser Bundeskanzler“, sagt Schoner schmunzelnd. Dennoch ist erkennbar, dass die beiden auf jeden Fall den Eindruck vermeiden wollen, der Neuanfang bedeute einen Bruch mit der Vergangenheit des Hauses. „Wir möchten erst mal zuhören. Deswegen beginnen wir nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit John Cages Stück „4’33“, bei dem vier Minuten lang kein Ton erzeugt wird.“In seinem Konzertprogrammen mischt Meister, der einst mit 25 Jahren als jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands in Heidelberg seine Karriere startete, moderne und klassische Kompositionen. Meister dirigiert drei von sieben Sinfoniekonzerten in der Liederhalle selbst. Als Gastdirigenten sind Vladimir Fedoseyev, Marek Janowski, Hossein Pishkar und Daniele Rustioni angekündigt.
Cornelius Meister stammt aus einer Hannoveraner Musikerfamilie. Ehe er sich fürs Dirigieren entschied, war er als Pianist und Liedbegleiter erfolgreich und hat viele Preise gewonnen. Er ist offen für Experimente und möchte neben den schon existierenden Konzertformaten wie Sitzkissenoder Lunchkonzerte auch ein Film-, ein Neujahrs- und ein Familienkonzert etablieren. Außerdem hat das Staatsorchester bei Márton Illés ein Werk in Auftrag gegeben, das Meister nächstes Jahr uraufführen will. Illés begleitet die Saison als composer in focus.
„Wir möchten erst mal zuhören. Deswegen beginnen wir nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit John Cages Stück ,4’33‘, bei dem vier Minuten lang kein Ton erzeugt wird.“