Ein ambitioniertes Ziel: Sportler fürs Alter absichern
Deutsche Sporthilfe und DOSB-Athletenvertreter haben ein Konzept erarbeitet – heute stellen sie es dem Sportausschuss des Bundestags vor
FRANKFURT (dpa) - Teure Mieten, steigende Lebenshaltungskosten und die Sorge um die Altersversorgung – Deutschlands Spitzensportler haben die gleichen Probleme wie viele andere. Deshalb soll die finanzielle Situation der Athleten durch mehr Fördergeld und eine Rente deutlich verbessert werden. Die Deutsche Sporthilfe und die Athletenvertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes stellen am heutigen Mittwoch dem Sportausschuss des Bundestags in Berlin eine neue Fördersystematik und ein Alterssicherheitskonzept vor.
„Wir hoffen auf einen Paradigmenwechsel, um die Mangelsituation zu verändern“, sagte DOSB-Athletensprecher Max Hartung. „Es geht um die Mindestabsicherung für das, was Athleten in den Sport investieren.“Gemeinsam mit den Parlamentariern und dem Bundesinnenministerium wolle man überlegen, wie die Absicherung der Athleten und auch die der Trainer verbessert werden könne. „Es geht nicht darum, reich zu werden, sondern um faire Kompensation“, betonte der Säbelfechter.
Spitzensportler, die nicht bei der Bundeswehr, bei der Polizei oder beim Bundesgrenzschutz angestellt sind, erhalten derzeit im Schnitt rund 600 Euro pro Monat von der Sporthilfe. Deren Vorstandschef Michael Ilgner hält dies für „nicht ausreichend, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen und um Anreize für junge Athleten zu schaffen, sich in ihrer Sportart an die Spitze zu entwickeln“. In Absprache mit Athletenvertretern und dem DOSB gehe man von einem Zielbedarf von 1200 Euro für Topsportler aus. „Wir sind diesem Ziel in den letzten Jahren mit Hilfe unserer Partner und Förderer nähergekommen. Wie wir es aber mittelfristig mit Hilfe des Bundes erreichen können, darüber wollen wir im Sportausschuss mit den Parlamentariern sprechen“, sagte Ilgner.
CDU/CSU und SPD haben ihre Bereitschaft dazu im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Demnach soll „die Förderung und die Absicherung der Bedürfnisse der Athleten“, auch in Hinblick auf die Altersversorgung, „besonders im Mittelpunkt stehen“, heißt es. Der Bedarf an Geld vom Staat für diese geplante Athleten-Unterstützung wird auf rund zwölf Millionen Euro pro Jahr geschätzt.
„Ich bin sicher, dass die Athleten sehr wohl verfolgen, ob sie im Zuge der Reform wirklich in allen Bereichen im Mittelpunkt stehen – und nicht etwa die Wünsche der Funktionäre“, sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses. Da gehe es nicht nur um das, was für die aktive Karriere unabdingbar sei, wie die Ausstattung von Olympiastützpunkten, Trainingsmöglichkeiten oder Sportmedizin. „Damit ein vernünftiges Gesamtkonzept akzeptiert wird, müssen diejenigen, für die wir die Reform machen, sehen, dass man auch ihren gesamten Lebensweg im Auge behält“, sagte die SPD-Politikerin.
Rente wäre wichtige Stellschraube
Ein System der Altersversorgung für Athleten über die Sporthilfe zu entwickeln ist nicht einfach, aber für Ilgner ein wichtiges Projekt. „Während der Sportkarriere lebt ein Athlet im Schnitt von 600 Euro im Monat. Das gibt kaum Spielraum für eine private Altersvorsorge“, erklärte er. „Ohne Anstellung bei staatlichen Institutionen zahlt er auch nicht in die gesetzlichen Rentensysteme ein.“Dieser Nachteil müsse angemessen und nachhaltig ausgeglichen werden.
„Im Fechten ist man zum Beispiel nicht selten mit 35 Jahren noch Student“, sagte Hartung. Eine Rente wäre deshalb für ihn eine „wichtige, spürbare Stellschraube“zur Veränderung der Situation der Athleten. Als eine Art „Rentenformel“schlägt er eine Anwartschaft der Sportler auf eine Altersversorgung vor, die mit dem Eintritt in den Perspektiv- und Olympiakader beginnen und vom weiteren Verlauf der Karriere abhängen würde. „Diese Ansprüche würden gesammelt und der Athlet dann damit belohnt“, erklärte Hartung. „Noch ist aber nichts in Stein gemeißelt und das letzte Wort nicht gesprochen.“
Die Vorsitzende des Sportausschusses hält die Einführung einer Athletenrente zwar rechtlich für nicht ganz einfach, sieht aber auch keine unüberwindbaren Probleme. „Es liegt ein durchdachtes und realisierbares Konzept der Sporthilfe vor“, sagte Freitag und machte noch einmal nachdrücklich klar: „Es gibt nur wenige Topathleten, die von Prämien, Sponsoren oder anderen Geldern privat vorsorgen können. Das Gros der Athleten kann dies entgegen landläufiger Meinung nicht.“