Land baut Ethikunterricht aus
Lehrerverbände drängen auf Fach auch für Grundschüler
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STUTTGART - Immer weniger Kinder in Baden-Württemberg besuchen den Religionsunterricht. Als Antwort auf diese Entwicklung baut die Landesregierung das Fach Ethik aus. Denn: „Wertevermittlung ist heute wichtiger denn je“, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag in Stuttgart. Zunächst sind die Klassenstufen 7, 6 und 5 dran. Danach soll die Grundschule folgen.
„Wir haben zunehmend Kinder, die konfessionslos sind“, sagte Eisenmann. An den Gymnasien besuchten ein Viertel der Schüler keinen Religionsunterricht, an den Real- und Gemeinschaftsschulen seien es ein Drittel, an den Haupt- und Werkrealschulen mehr als die Hälfte der Schüler. Dabei finde dort unerlässliche Werteerziehung statt, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der früher selbst Ethik unterrichtete. „Es ist ja unerlässlich in einer Gesellschaft mit großem Konfliktpotenzial, dass man die großen Religionen wenigstens kennt.“Dies sei neben philosophischer Ethik und Fragen der Lebensführung eine der drei Säulen des Ethikunterrichts.
Zwei Jahre später als geplant
Eigentlich hatte sich Grün-Schwarz bei den Nebenabreden zum Koalitionsvertrag darauf geeinigt, den Ausbau des Ethikunterrichts bereits zum laufenden Schuljahr auszubauen. Dieser soll für alle siebten Klassen nun zum Schuljahr 2019/2020 beginnen. Im Jahr darauf soll Ethik flächendeckend in allen sechsten und ein Jahr später in allen fünften Klassen angeboten werden. Dafür schafft das Land insgesamt rund 300 Lehrerstellen, die ab dem Schuljahr 2021/ 2022 mit rund 20 Millionen Euro zu Buche schlagen. Bereits heute unterrichten etwa 1000 Lehrer im Südwesten das Fach. Die zweijährige Verzögerung erklärte Eisenmann damit, dass es noch keine Bildungspläne für den Ethikunterricht in diesen Klassenstufen gab.
Das sei auch ein Grund, warum das Fach erst später an Grundschulen eingeführt werde. Sie habe das Landesinstitut für Schulentwicklung damit beauftragt, entsprechende Bildungspläne zu erstellen, so Eisenmann. Ziel sei es, zum Schuljahr 2022/2023 die Ausweitung des Ethikunterrichts an den Grundschulen nahtlos fortzusetzen. Aber: „Es geht auch um die Frage der Ressourcen.“
Die Evangelische Landeskirche Württemberg lobt, dass junge konfessionslose Menschen dadurch ein weltanschauliches Unterrichts-Angebot bekommen. Für die FDP-Fraktion kommt das Angebot Jahre zu spät. Die SPD-Landtagsfraktion, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung fordern, dass der Ethikunterricht an Grundschulen noch in dieser Legislaturperiode eingeführt wird. Zudem weist die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz darauf hin, dass Grundschullehrer entsprechend ausgebildet werden müssen – Ethik sei bislang für das Grundschullehramt weder Studiennoch Prüfungsfach.