Staufen soll wieder wachsen
Geschäftsführer Thomas Gillesberger spricht über neue Strategien.
WURMLINGEN - Zweimal musste der Wurmlinger Papierverarbeiter Staufen schon Insolvenz anmelden. Das erste Mal im Dezember 2013, das zweite Mal im Januar 2018. Nun soll es nach dem Verkauf an die österreichische Format Werk GmbH wieder aufwärts gehen. Was der neue Geschäftsführer Thomas Gillesberger am Standort plant, was er ändern und woran er festhalten will, erklärt er im Gespräch mit Redakteurin Alexandra Schneid. Herr Gillesberger, die ehemals Staufen GmbH heißt nun Staufen Premium GmbH. Wofür steht Premium? Nach der Insolvenz und dem Verkauf wollen wir den Fokus wieder auf die Qualität des Sortiments lenken und mit hochwertigen Produkten am Markt auftreten. Deshalb auch das Wort Premium im neuen Firmennamen.
Sie waren bis zum Verkauf der Staufen GmbH als Mitglied in der Geschäftsführung der Format Werk GmbH in Österreich tätig. Haben Sie den Posten nun ganz abgegeben?
Nein, ich bin noch zusammen mit den beiden Eigentümern in der Geschäftsleitung der Format Werk GmbH tätig. Die beiden werden mich in Wurmlingen unterstützen. Von Montag bis Donnerstag bin ich in Deutschland, freitags in Österreich.
Wie soll Staufen nach zwei Insolvenzen wieder wettbewerbsfähig gemacht werden?
Wir haben vor, die Position von Staufen als starke Marke am deutschen Markt wieder zu etablieren. Dazu müssen wir neue organisatorische Maßnahmen und Strukturen schaffen sowie Prozesse optimieren.
Welche Maßnahmen sind das?
Geplant ist, bis nächsten Frühling die gesamte IT umzustellen und bestehende Maschinen instandzusetzen. Auch der Automatisierungsgrad soll erhöht werden, damit das Unternehmen technologisch und organisatorisch auf dem neuesten Stand ist. Wir werden das Sortiment überarbeiten und zu saisonalen Anlässen, wie Ostern und Weihnachten, mehr anbieten. Staufen soll ab nächstem Jahr wieder am Wachsen sein.
Wie ergänzen sich die österreichische Format Werk GmbH und die deutsche Staufen Premium GmbH?
Es ergeben sich Synergien, beispielsweise im Einkauf und Verkauf. Viele Lieferanten und Kunden der Format Werk GmbH und der Staufen Premium GmbH decken sich. Wir wollen Sortimente und Aufgaben bündeln und nicht nach Firmen aufteilen. So können wir zusätzliche Kapazitäten für neue Aufträge schaffen. Von Wurmlingen ist es nicht weit in die Schweiz, wo Format Werk viele Kunden hat.
Wird es auch Synergien bei den Produkten geben?
Beide Produktionsstandorte sollen gut laufen und die Auslastung gleich verteilt sein. Jeder Standort soll das produzieren, wo seine Stärken liegen, denn jedes Land hat seine Eigenheiten. Die Lineaturen unterscheiden sich, die Lineaturfarbe und auch die Blattanzahl der Hefte. Die Format Werk GmbH bietet derzeit für Deutschland zwei Sortimente an, die Staufen Premium GmbH drei. Angedacht ist, diese Sortimente bis Ende 2019 zusammen zu führen und klar zu positionieren. Auch hier werden sich der Premiumansatz und auch der Umweltgedanke widerspiegeln. Ebenso muss man überlegen, ob man ein Produkt wirklich in zwölf Farben anbietet oder auch acht reichen. Das alles wird in den nächsten acht bis zehn Monaten erarbeitet. Unsere
Kunden werden in die Sortimentsentwicklung eingebunden.
Sowohl die Format Werk GmbH als auch die Staufen Premium GmbH sind Papierverarbeiter. Wie unterscheiden sich die beiden Firmen dennoch?
Die Format Werk GmbH hat eine andere Struktur. Wir sind ein reiner Produzent und konzentrieren uns auf große Kunden in ganz Europa, auch im Eigenmarkenbereich. Die Exportquote liegt bei über 60 Prozent. Staufen hat eine viel breitere Kundenbasis vor allem in Deutschland und durch den Vertrieb der Werola-Produkte und anderer Handelswaren ein wesentlich breiteres Sortiment.
Sie haben viele Änderungen angesprochen. Woran werden Sie trotzdem festhalten?
An der Marke Staufen mit dem Reiter im Logo, am Standort und am Personal.
Apropos Mitarbeiter: Sind alle nach der Insolvenz übernommen worden? Sind Kunden abgesprungen?
In den vergangenen drei bis vier Monaten, also während der Insolvenz, haben Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Im Zuge der Firmenübernahme ist eine Stelle im Verkaufsaußendienst verloren gegangen. Wir
haben 45 Mitarbeiter übernommen. Da die Mitarbeiter nach zwei Insolvenzen verunsichert sind, ist es dringend notwendig das Konzept, das wir auf Papier festgehalten haben, auch umzusetzen. Wir haben am Tag der Vertragsunterzeichnung damit begonnen. Auch können wir uns glücklich schätzen, so treue Kunden zu haben und kaum welche durch die Insolvenz verloren zu haben. Das ist eine gute Basis, auf der man aufbauen kann.
Das Wurmlinger Unternehmen war bereits zweimal insolvent. Warum hat Sie das nicht vom Kauf abgehalten?
Die Marke und der Standort haben uns interessiert. Wir waren ein paar Mal in Wurmlingen, um uns den Betrieb anzuschauen und Überlegungen anzustellen, ob sich der Kauf rechnet. Der vorhandene Kundenstock und die extrem motivierten Mitarbeiter sind ein enormes Plus. Wir haben vorab mit Führungskräften gesprochen. Der Wille der Mitarbeiter, für die Firma zu arbeiten, war ein wichtiger Punkt. Ohne sie würden Wissen und Kontakte verloren gehen. Eine Rolle hat auch gespielt, dass der Standort in Wurmlingen mit Mitarbeitern und Technik bereits besteht aber eben viel investiert werden muss. Für Format Werk ist das eine riesige Chance, weiter zu wachsen. Und man tut sich leichter, wenn man in Deutschland einen Standort hat.
Wie geht es in den nächsten Wochen weiter?
Es gibt viel zu tun: Verträge müssen übernommen oder angepasst werden, sehr viele Behördengänge und Organisatorisches ist zu erledigen. Vorrangig ist aber, dass wir unsere Kunden wieder zu deren voller Zufriedenheit beliefern können. Es wird zwar noch einige Zeit dauern bis alle Rückstände aus den Monaten der Insolvenz aufgearbeitet sind, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran.