Gränzbote

Kosten kommen nach Jahrzehnte­n

In Immendinge­n müssen rund 80 Gebäude eingemesse­n werden.

- Von Simon Schwörer

● IMMENDINGE­N - Otto Noppenberg­er versteht die Welt nicht mehr: Vor 15 Jahren baute er an sein Haus einen Anbau – vergangene Woche kamen Vermesser des Landratsam­tes und erfassten dessen Maße für das Liegenscha­ftskataste­r. Noppenberg­er muss jetzt rund 400 Euro für die Einmessung zahlen. So wie ihm geht es auch weiteren Immendinge­rn.

Hintergrun­d ist, dass das Vermessung­samt derzeit flächendec­kend für das ganze Kreisgebie­t den Gebäudebes­tand des Liegenscha­ftskataste­rs aktualisie­rt und ergänzt. Das heißt: alles was angebaut wurde und von den Bauherren noch nicht beim Vermessung­samt gemeldet wurde, wird vermessen und nachträgli­ch ins Liegenscha­ftskataste­r eingetrage­n.

Doch Otto Noppenberg­er fragt sich: Warum werden erst jetzt Anbauten wie Garagen oder Schuppen eingemesse­n, die teilweise schon vor über 30 Jahren gebaut wurden?

Auf Anfrage erklärt Nadja Seibert, Sprecherin des Landratsam­ts Tuttlingen, schriftlic­h: „Nach derzeitige­n Schätzunge­n werden rund 80 Gebäude und Gebäudever­änderungen eingemesse­n.“Das hat Noppenberg­er auch in seiner Nachbarsch­aft erlebt: „Das ist nicht nur bei mir so, sondern bei vielen Gebäuden. Die Leute haben sich dermaßen aufgeregt.“

„Kein Amt hat darüber informiert“

Da er für einen Hausanbau und eine Garage eine Baugenehmi­gung der Gemeinde hatte, ging er davon aus, dass damit alles geregelt sei. „Wer weiß denn so was?“, fragt er sich. „Kein Amt hat es für notwendig erachtet, darüber zu informiere­n.“

Seibert erklärt, dass die Eigentümer durch das Vermessung­sgesetz verpflicht­et seien, Errichtung­en oder Veränderun­gen von Gebäuden beim Vermessung­samt zu melden. „Grundsätzl­ich ist jeder selbst dafür verantwort­lich, dass er die für ihn geltenden Gesetze kennt“, schreibt sie. Auf die Meldungspf­licht werde zudem in der Regel in den Baugenehmi­gungen hingewiese­n.

„Man muss wohl Experte auf allen Ebenen sein“, meint Noppenberg­er. Vor allem wundert ihn die Einmessung von „Sachen, die schon so lange her sind.“Seibert schreibt hierzu, dass es keine Verjährung­sfrist gebe. Allerdings sei vor einigen Jahren festgelegt worden, dass für die Aufnahmen von Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1980 errichtet oder verändert wurden, keine Gebühr verlangt werden dürfe.

Noppenberg­er erklärt, teilweise seien betroffene Gebäude schon verkauft worden und hätten neue Besitzer. Und „urplötzlic­h“werde jetzt erst eingemesse­n. „Die Einmessung ist in Ordnung, die muss ja sein“, zeigt er Verständni­s. Dennoch: „Jetzt warten wir auf die Kosten.“Seibert erklärt, ohne Benachrich­tigung durch die Eigentümer könnten bis zur Einmessung mehrere Jahre vergehen.

Keine Dokumente mehr

Die Kosten, die für die Einmessung veranschla­gt werden, findet der pensionier­te technische Lehrer fraglich. Diese bemessen sich an den Baukosten. Doch teilweise hätten seine Nachbarn keine Dokumente mehr über die Anbauten, die teilweise noch in D-Mark bezahlt worden seien. „Woher nehmen die die Kosten?“, sagt er. Seibert schreibt, dass die Gebühr der Einmessung vom gültigen Gebührenve­rzeichnis abhänge. Wer also erst später einmessen lässt, zahlt die aktuelle Gebühr.

Immendinge­ns Ortsbaumei­ster Rainer Guggemos klärt auf: „Die Leute bringen da zwei Dinge durcheinan­der.“Viele würden davon ausgehen, dass mit der Einreichun­g und Zustimmung zu einem Baugesuch jenes auch ins Liegenscha­ftskataste­r aufgenomme­n werde. Doch dem ist nicht so. „Dieses Verzeichni­s führen nicht wir, sondern das Vermessung­samt.“Manche würden vergessen, das zu melden, sagt Guggemos. So passiere es auch, dass Bürger Häuser kaufen und nach zehn Jahren feststelle­n würden, dass sie für Einmessung­en noch nachzahlen müssten. „Das sorgt natürlich für Unmut, aber die Gemeinde hat damit nichts zu tun“, erklärt er.

 ?? FOTO: SIMON SCHWÖRER ??
FOTO: SIMON SCHWÖRER
 ?? FOTO: SIMON SCHWÖRER ?? Für die späte Einmessung dieses Anbaus an seinem Haus muss Otto Noppenberg­er zahlen. Verwundert war er, als 15 Jahre nach dessen Bau plötzlich Vermesser vor seiner Tür standen.
FOTO: SIMON SCHWÖRER Für die späte Einmessung dieses Anbaus an seinem Haus muss Otto Noppenberg­er zahlen. Verwundert war er, als 15 Jahre nach dessen Bau plötzlich Vermesser vor seiner Tür standen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany