Es qualmt im Kreisverkehr
Fußballfans verstopfen mit Autokorsos die Straßen – „Es gilt die Straßenverkehrsordnung“
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TROSSINGEN - Qualmende Reifen, Hupkonzerte und jede Menge Stau: Wenn Fußballfans den Sieg ihrer Mannschaft in einem WM-Spiel feiern, lassen sie dabei auch gerne mal die Verkehrsregeln außer Acht. Aber was ist beim Autokorso eigentlich erlaubt und was verboten?
Dienstagabend gegen 21.45 Uhr: Die russische Nationalmannschaft besiegt im zweiten Gruppenspiel Ägypten mit 3:1 – und einige Fans verleihen ihrer Begeisterung beim Autokorso Ausdruck. Die Trossinger Hauptstraße ist für geschätzt eine halbe Stunde blockiert, der Kreisverkehr bei den Stadtwerken zeitweise so verstopft, dass der Verkehr in allen Richtungen steht. Ähnliche Szenen gab es schon in der vergangenen Woche, als Autos mit qualmenden Reifen im Kreisel ihre Runden drehten und sich ein Fan sogar mit Fahne aufs Autodach stellte.
Polizei drückt bei der WM ein Auge zu
Erlaubt sei das natürlich alles nicht, sagt Thomas Kalmbach vom Tuttlinger Polizeipräsidium: „Es gilt die Straßenverkehrsordnung.“Das bedeutet: Innerhalb geschlossener Ortschaften darf mit einer Geschwindigkeit von maximal 50 Stundenkilometern gefahren werden, und zwar nur dort, wo das möglich ist.
„Und alles, was verkehrsgefährdend ist, ist verboten“, so Kalmbach, „also zum Beispiel, sich aus dem Fenster zu lehnen und Fahnen aus dem Auto zu schwenken, oder auf einem Motorroller Fahnen zu schwenken, wenn es die Sicht anderer Verkehrsteilnehmer behindert.“Generell würden Verkehrsbehinderungen, die andere betreffen – Rückstaus zum Beispiel – Ordnungswidrigkeiten darstellen.
„Wir sind bei einer Weltmeisterschaft nicht kleinlich“, räumt Kalmbach ein. Beim Hupen zum Beispiel, eigentlich ausschließlich ein Warnsignal, drückt die Polizei während der WM wie bei Hochzeitskorsos auch mal ein Auge zu. „Viele von uns sind ja selbst Fußballfans, wir freuen uns ja auch, wenn unsere Mannschaft gewinnt“, meint Kalmbach. Trotzdem: „Wo wir Gefahrenpotenzial sehen, greifen wir ein.“Aktionen wie der Fußballfan auf dem Autodach seien „undenkbar“, so Kalmbach: „Das ist nur erlaubt, wenn das Auto mit abgestelltem Motor parkt und einem außerdem selbst gehört.“Im aktiven Verkehr gilt auch im Siegestaumel die Anschnallpflicht für Fahrer und Beifahrer.
Eigentlich müssten Autokorsos angemeldet werden
Kommen Hinweise oder Beschwerden, geht die Polizei diesen nach. „Nach großen Public-Viewing-Veranstaltungen schauen wir normalerweise ohnehin nach dem Rechten“, so der Polizeisprecher. Natürlich sei eine Vollüberwachung nicht möglich, schränkt er ein, die Streifen könnten nicht überall gleichzeitig sein.
Ebenfalls kulant zeigt sich in Sachen Autokorso die Stadt Trossingen, denn theoretisch müssten solche geschlossenen Verbände, die den Verkehr behindern, vorher angemeldet werden, wie Hauptamtsleiter Dieter Kohler sagt. „Aber in dieser Hinsicht sind wir noch nie eingeschritten. Die Korsos entstehen ja spontan und werden nicht formell organisiert.“
Glück für entnervte Anwohner: Die Schlusszeiten der Spiele sind bei der diesjährigen WM nicht mitten in der Nacht, sondern normalerweise gegen 21.45 Uhr. Und die Stadt drückt zwar ein Auge zu, hat das andere aber drauf, wie Kohler bestätigt: Sollten die Autokorsos zu ausufernd werden, könnten mehr Polizeipräsenz oder auch gesperrte Straßen eine Lösung sein.
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