Jeder erzeugt 118 Kilogramm Hausmüll
Abfallmenge pro Kopf ist gesunken – Sigmaringen ist letzter Kreis ohne Bioabfall-Sammlung
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STUTTGART - Die Baden-Württemberger verursachen pro Kopf weniger Müll als in den Vorjahren. Das gab Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Montag in Stuttgart bekannt. Die wichtigsten Punkte der Abfallbilanz 2017 im Überblick:
Woher kommt der Müll?
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2017 haben Industrie, Gewerbe und private Haushalte 49,7 Millionen Tonnen Müll verursacht, ein Minus von 0,5 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2016. Der größte Teil davon (knapp 38 Millionen Tonnen) stammt aus Betrieben. Sie entsorgen diesen Abfall in Eigenregie. Die übrigen rund zwölf Millionen Tonnen kommen aus Haushalten, Betrieben und von Baustellen. Diesen Müll sammeln Abfallunternehmen im Auftrag von Kreisen und Gemeinden. Fast die Hälfte davon, nämlich 5,6 Millionen Tonnen, stammen vom Aushub von Baustellen. Die gute Baukonjunktur zeigt sich daran, dass die Branche mehr dieser Abfälle produziert. Die Mengen des übrigen Mülls blieben in etwa gleich. Dazu zählen: Haus- und Sperrmüll, Bioabfälle, Grünschnitt, Gewerbeabfälle und Wertstoffe – also Papier, Glas, Metall und Verpackungen aus Plastik mit dem „Grünen Punkt“. Auch die Menge von Problemmüll wie Elektroschrott oder Batterien sank leicht.
Wie viel Müll entfällt im Schnitt auf jeden Bürger?
139 Kilogramm Haus- und Sperrmüll – das ist so wenig wie noch nie seit 1990. Davon entfallen 118 Kilogramm auf Hausmüll. Grund für das historische Tief: Die getrennte Sammlung von Biomüll. Der macht zusätzlich 50 Kilogramm aus, hinzu kommen weitere rund 30 Kilogramm Leichtverpackungen. Das sind jene Kunststoffe, die im Gelben Sack oder der Gelben Tonne landen. Für ihre Entsorgung sind nicht die Kommunen zuständig, sondern das von Handel und Verbrauchern finanzierte „Duale System Deutschland“, bekannt als „Grüner Punkt“. „Wir sind damit nicht unschuldig an Plastikstrudeln in den Weltmeeren“, mahnte Umweltminister Untersteller. Er appellierte an Verbraucher, Verpackungsmüll wo möglich zu reduzieren.
Was passiert damit?
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40 Prozent des gesamten Abfalls landen auf Deponien. Das liegt vor allem an dem Müll von Baustellen – also Aushub und Schutt. Zwei Drittel davon können bislang nicht wiederverwertet werden. Ganz anders bei Abfällen aus Haushalten, hier werden 99 Prozent weiter genutzt. Biomüll wird zu Kompost oder in Gäranlagen zu Strom. Restmüll aus der grauen Tonne wird zu mehr als 90 Prozent verbrannt und erzeugt Strom oder Wärme. Papier verarbeiten Anbieter nahezu komplett weiter, auch aus Altglas werden zu mehr als 85 Prozent neue Glasprodukte.
Wie haben sich die Abfallgebühren entwickelt?
Ein Vier-Personen-Haushalt zahlt im Schnitt 152,03 Euro pro Jahr, das ist ein Euro mehr als 2016. Die allgemeine Preissteigerung lag 2017 bei 1,8 Prozent, damit stiegen die Abfallgebühren weniger stark als die Preise für andere Produkte und Dienstleistungen. Diese Entwicklung gibt es laut Umweltministerium seit Jahrzehnten. Hätten sich die Müllgebühren seit 2002 so entwickelt wie die allgemeinen Preise, müssten Kunden heute 220 Euro pro Jahr zahlen.
Wehren sich weiterhin Landkreise gegen die Biotonne?
Seit 2015 müssen Landkreise Bioabfälle getrennt vom übrigen Müll entsorgen. Dagegen hatten sich mehrere Kreise gewehrt, darunter der AlbDonau-Kreis, Biberach und Sigmaringen. Die Kosten für das Einsammeln des Mülls stünden in keinem Verhältnis zur Menge, lautete das Argument. Auf dm Land seien die Wege für die Müllabfuhr weit und viele Bürger hätten einen eigenen Kompost, damit lohne sich die Abfuhr nicht. Doch mittlerweile haben fast alle Müllrebellen eingelenkt. Biberach will Sammelstellen für Bioabfälle einrichten. Der Alb-Donau-Kreis sammelt spätestens ab 2023 Biomüll getrennt. Nur der Kreis Sigmaringen hat noch keinen Beschluss dazu gefasst. Minister Untersteller zeigte sich am Montag zuversichtlich. Es gebe „positive Signale“aus Sigmaringen. Ein Sprecher des Kreises wollte diese Bewertung nicht teilen. Er verwies am Montag auf eine Kreistagssitzung im Oktober, auf der das Thema entschieden werden soll.
Was bringt die Mülltrennung?
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Nur wer Müll trennt, kann ihn weiter verwerten. Ein gutes Entsorgungssystem schützt vor wild weggeworfenen Abfällen. „Das trägt zur Lebensqualität auf der ganzen Welt bei. Außerdem enthalten Abfälle wertvolle Rohstoffe“, sagte Untersteller. Das seien nicht nur Gold, Platin oder gar Seltene Erden aus Elektroschrott. Auch Lebensmittelreste zur Energieerzeugung zu verwenden oder Bauschutt zu recyclen, mache unabhängiger von Rohstoffimporten aus anderen Ländern. Ein Beispiel: Die Nutzung von Altmetall senkt den Energiebedarf der Stahlproduktion um die Hälfte.
Ist die Bilanz gut oder schlecht?
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Die Landesregierung hat sich Ziele gesetzt. 2025 will sie etwa den Hausmüll auf 104 Kilogramm pro Bürger senken, noch liegt er 14 Kilo darüber. Außerdem sollen noch mehr Wertstoffe und Biomüll pro Kopf gesammelt werden. In den Fließgewässern findet sich flächendeckend Mikroplastik, das die Ozeane verschmutzt. „Deswegen müssen wir hin zur echten Kreislaufwirtschaft“, so Untersteller. Das heißt: Jedes Produkt muss wenn möglich zu 100 Prozent wiederverwertet werden, statt auf einer Deponie zu landen. Positiv zu Buche schlagen dagegen die pro Bürger sinkenden Mengen vor allem beim Hausmüll sowie die stabilen Abfallgebühren. Bei der Wiederaufbereitung von Klärschlamm ist das Land laut Untersteller europaweit führend.