Betroffene sollen Betroffene beraten
Neue Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung in der Donaustraße eröffnet
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TUTTLINGEN - Eine neue Beratungsstelle für Menschen mit Einschränkung oder Behinderung will Betroffenen helfen, am Leben teilzuhaben.
Seit Mittwoch hat sie offiziell geöffnet: Die Beratungsstelle EUTB. Das steht für „Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“. Leiterin Sarah Walter erklärt das Prinzip so: „Stellen Sie sich vor, Sie sind blind, stehen an einer Straße und plötzlich kommt einfach jemand, nimmt Sie am Arm und führt Sie über die Straße – obwohl Sie vielleicht nur auf jemanden gewartet haben.“Doch zu einem selbstbestimmten Leben für Menschen mit einer Behinderung gehöre die Möglichkeit, Hilfe anzunehmen oder abzulehnen und damit die Frage: „Darf ich Ihnen helfen?“Genau da soll das Beratungsangebot der EUTB anknüpfen.
Denn: Die EUTB ist zwar bei der Lebenshilfe angeschlossen, soll aber völlig unabhängig vom Angebot eines sozialen Leistungsträgers beraten. Kurz gesagt: Durch die Beratung sollen für die Betroffenen Lösungen gefunden werden, die sie auch wirklich selbst wollen.
Hilfe gibt es von der EUTB bei bürokratischen Fragen, wie dem Antrag eines Behindertenausweises oder von Hilfsmitteln, wie zum Beispiel einem Rollstuhl. Aber zum selbstbestimmten Leben kann auch das Verwalten vom eigenen Geld gehören. So können Betroffene mit Hilfe der Beratungsstelle Anträge auf ein persönliches Budget stellen. „Wir gehen alle Anträge mit den Betroffenen durch und begleiten auch gerne auf die entsprechenden Ämter“, sagt Walter. Hinzu komme auch noch der persönliche Aspekt. „Leider ist bei den meisten Beratungsstellen nicht die Zeit vorhanden darüber zu sprechen, was die Leute wirklich wollen“, sagt Walter. „Manche Menschen wollen einfach mal ihre Sorgen aussprechen.“
Berater mit eigenen Erfahrungen
Bisher leitet und berät Walter allein in der Tuttlinger Beratungsstelle. Doch für die Zukunft möchte sie ehrenamtliche Berater gewinnen. Denn zum Konzept der EUTB gehört auch, dass Menschen, die selbst eine Behinderung haben, als Berater ihre eigenen Erfahrungen weitergeben. Dazu können Ehrenamtliche auch eine Weiterbildung über das EUTB besuchen.
Die EUTB-Beratungsstelle in Tuttlingen ist nicht die Einzige. Denn entstanden ist das Angebot auf Initiative des Bundesteilhabegesetzes. Dafür investiert der Bund insgesamt 58 Millionen Euro pro Jahr. Angelegt ist das Projekt zunächst auf drei Jahre.