Von Sebastian Heilemann
Eine komplette Toilettenschüssel, ein offener Eimer mit weißer Farbe, zwei Sofas und daneben unzählige Mülltüten. Was klingt, wie das Bild einer Mülldeponie, gehört vielerorts zum Stadtbild. Neben Glascontainern, an schlecht einsehbaren Straßen oder gar in Waldstücken wird regelmäßig „wilder Müll“abgelagert – zum Ärger von Landkreis, den Stadt- und Gemeindeverwaltungen und nicht zuletzt der Bürger.
Einer davon ist Bernd Stockburger. Der Tuttlinger stößt bei seinen Spaziergängen durch die Stadt regelmäßig auf den illegalen Müll. „Das tut meinen Augen weh“, sagt Stockburger. Er sei ein Naturfreund und den Planet könne man nicht einfach vermüllen. „Die Natur liegt mir am Herzen“, sagt er. Deswegen dokumentiert er den Unrat, macht „Wo schon mal Müll liegt, kommt mehr dazu“ Fotos und meldet den Müll regelmäßig bei der Stadtverwaltung und dem Landratsamt. „Wo schon mal Müll liegt, kommt noch mehr dazu“, sagt er. Manchmal dauert es Wochen, bis Sperrmüll, Farbeimer und Mülltüten verschwinden. Und das kommt immer häufiger vor. Die Mengen an „wildem Müll“sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen, heißt es seitens des zuständigen Landratsamtes Tuttlingen. Während im Jahr 2010 landkreisweit rund 29 Tonnen zusammengekommen sind, waren es im laufenden Jahr 2018 schon bis August 53 Tonnen.
„Ich weiß nicht, was die Leute im Kopf haben“, sagt Werner Damaschke, Leiter des Amts für Abfallwirtschaft des Landkreises Tuttlingen. Vor allem, weil die legale Entsorgung auf einem Wertstoffhof in den meisten Fällen sogar kostenlos ist. „Einen alten Sessel zum Beispiel melden Sie einfach beim Sperrmüll an, der wird abgeholt, oder ich kann ihn auch selbst anliefern“, erklärt Damaschke. „Wir haben ein gutes System für alle Abfallarten.“Und dieses System finanzieren alle Bürger mit ihrer Müllgebühr.
„Wir beobachten das verstärkt in den städtisch geprägten Gebieten des Landkreises, auf dem flachen Land funktioniert die soziale Kontrolle noch besser“, sagt Damaschke.
Für die Entsorgung des Mülls ist der Landkreis zuständig. Im Jahr 2017 entstand ihm durch „wilden Müll“ein Schaden von mehr als 12 000 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten, die für Städte und Gemeinden anfallen. Denn für den Transport des Mülls zur Sammelstelle sind die Bauhöfe zuständig. Dabei kommt zum Beispiel in Tuttlingen jährlich ein fünfstelliger Betrag zustande.
Manchmal haben die Mitarbeiter von der unteren Abfallrechtsbehörde Glück und finden im Abfall eine Adresse. Dann wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Meist allerdings mit wenig Erfolg. Denn selbst wenn der Müll Anhaltspunkte zum möglichen Täter gibt, lässt sich meist nicht wasserfest nachweisen, dass der Eigentümer des Mülls diesen auch wirklich selbst im Waldstück oder neben Glascontainern abgelegt hat. Im vergangenen Jahr hat das Landratsamt 21 Bußgeldbescheide erlassen – in 16 dieser Fälle haben die mutmaßlichen Täter dieses akzeptiert und bezahlt. Bei gängigen Fällen wird dann ein Betrag zwischen 100 und 150 Euro fällig – bei schweren Vergehen droht eine Strafe von mehreren Tausend Euro und ein Strafverfahren. Doch die Zahlen zeigen: Die meisten Täter kommen ungeschoren davon.
Das weiß auch Bernd Stockburger. Doch aufgeben will er nicht. Er will auch weiterhin den illegalen Müll beim Landratsamt melden. Und wenn nötig, auch selbst Hand anlegen. „Unsere Stadt muss sauberer werden“, sagt er. Die gelben Balken zeigen den Anstieg von illegal abgelagertem Müll im Landkreis Tuttlingen. Zum Vergleich: Insgesamt ist die Müllmenge pro Einwohner (rote Balken) in den vergangenen Jahren nur moderat angestiegen.