Die Geschichte des Donauwehrs
Wenn der Keller voll lief, musste das Wehr der Groß Bruck in Tuttlingen runter.
TUTTLINGEN - Das Donauwehr ist ein heißes Thema in Tuttlingen: Soll es nun rauf oder runter? Ganz oder um einen Meter tiefer? Während die Stadt mit dem Landratsamt im Clinch über den Aufstau der Donau liegt, erinnern sich andere an eine Zeit, in der – zumindest vermeintlich – alles viel einfacher war.
Dass die Donau aufgestaut wird, „das war schon immer so“, sagen ältere Tuttlinger. Früher hatte das auch einen wirtschaftlichen Grund: Die aufgestaute Donau versorgte die beiden Stadtmühlen mit dem nötigen Betriebswasser, so erläutert es ein Artikel in den Heimatblättern von 1995. Heute hat der Aufstau der Donau eher ästhetische Gründe – ein voller Fluss in der Stadtmitte sieht gut aus, im Sommer sprüht sogar die Fontäne.
Allerdings gibt es seit 2010/11 das Wehrmanagement: Das Wehr wird im Winter abgesenkt und die Donau „durchgespült“. Grund für die Einführung war Druck vom Land: Die Wasserqualität soll sich verbessern.
Wehrmanagement von damals
Eine Art „Wehrmanagement“gab es aber auch schon früher, weiß der Tuttlinger Horst Meier. Er wohnte in den 1930er- und 40er-Jahren mit seiner Familie im Elektrizitätswerk in der Weimarstraße, das heute die Tuttlinger Stadtwerke betreiben. Sein Vater, Alois Meier, war Chef der Elektrizitätswerke. Gradmesser für die Donau war der Keller des EWerks, „in dem wir unter anderem Koks lagerten“, erzählt Meier. Jedes Jahr im Januar oder Februar wartete Familie Meier nur darauf, dass der Koks im Keller „anfing zu laufen“, also vom Wasser aufgeschwemmt wurde.
„Mein Vater beobachtete dann den Wasserstand im Keller, der bis zu einem Meter betragen konnte“, sagt Meier. „Dann hieß es: Junge, komm, wir müssen die Schleusen öffnen!“Vater und Sohn liefen zur Groß Bruck. „Der Schlüssel fürs Schleusenhäusle hing am Schlüsselbrett im Gang“, erinnert sich Meier.
Seit 1914 elektrisch betrieben
Seit dem Neubau der Brücke 1913/14 wurden die Tore des Wehrs erstmals elektrisch betrieben, heißt es wiederum in den Heimatblättern von 1995: „Der Antrieb war in kleinen Häuschen untergebracht, die auf die Pfeiler aufgesetzt worden waren und der Brücke ihr typisches Aussehen gaben.“
Drei Schleusen waren es, die Direktor Meier und sein Sohn öffnen mussten. „Und die Donau lief und lief und lief“, erzählt Meier. Nach zwei bis drei Tagen wurden eine oder mehrere Schleusen wieder hochgefahren, je nach Wasserstand. „Soooo einfach war das“, meint Meier mit einem Schmunzeln.
Ganz so beeilen müssen sich heutige Schleusenwärter nicht mehr. Der Aufstau ist fest für den 1. April terminiert und die Absenkung für den 31. Oktober. Die Wehranlage, wie sie jetzt ist, wurde 1988 erbaut und lässt sich per Funksteuerung bedienen. Selbst wenn das Wehr einmal umgehend bewegt werden müsste, hat es der Schleusenwärter also leicht. Der wohnt inzwischen übrigens auch nicht mehr im E-Werk, sondern hat einen Schreibtisch in der Stadtverwaltung: Christoph Dreher aus dem Fachbereich Tiefbau kümmert sich darum.