Landrat nennt Gründe für Klinikschließung
Neue Suche nach Chefarzt aussichtslos – Keine betriebsbedingten Kündigungen
TUTTLINGEN/SPAICHINGEN - Das Spaichinger Krankenhaus soll geschlossen werden. Das bestätigte Landrat Stefan Bär in einem Pressegespräch am Montag. Das hat gravierende Auswirkungen auf den Standort Tuttlingen: Zuerst sollen bis Ende des Jahres die Innere Medizin und die Altersmedizin nach Tuttlingen umziehen. Im Verlauf von vier, fünf Jahren auch die plastische Chirurgie und die konservative Orthopädie.
In Spaichingen soll es auf Dauer keine stationäre Versorgung mehr geben, wohl aber medizinische Angebote. Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben.
Die Bevölkerung erfuhr von der Klinikschließung erstmals beim Neujahrsempfang in Spaichingen am Sonntag, zum Pressegespräch hatte Bär aber schon zuvor eingeladen worden. Die 168 Mitarbeiter, einige in Teilzeit, erfuhren am Mittwoch in Spaichingen und am Donnerstag in Tuttlingen von den Plänen.
Bär und der Geschäftsführer der Klinikgesellschaft, Sascha Sartor, schilderten mehrere Gründe für den plötzlichen Vorstoß. Auslöser sei gewesen, dass der leitende Oberarzt, Dr. Philipp Kaiser, der die Nachfolge von Chefarzt Dr. Bernd Sauer antreten sollte und bereits den Vertrag unterschrieben hatte, Anfang Dezember ein anderes Jobangebot als Chefarzt in einer mitteldeutsche Klinik angenommen habe. Misslich auch: Auch seine Frau arbeitet im Medizinischen Versorgungszentrum Spaichingen und wird ebenfalls weggehen. Die externe Suche nach einem Chefarzt sei zuvor übers ganze Jahr schon erfolglos gewesen. Deshalb mache man sich keine Illusionen, einen Ersatz zu finden. Ärzte suchten sich eine Struktur, die ein kleines Haus nicht bieten könne, so Bär und Sartor.
Strukturgutachten 2013 hinfällig
Dass allerdings die noch im Strukturgutachten 2013 betonte Notwendigkeit beider Standorte nicht mehr Richtschnur der Krankenhauspolitik im Kreis ist, habe sich schon Anfang des Jahres 2018 abgezeichnet, hieß es im Pressegespräch: Bei Gesprächen um Zuschüsse für Sanierungen der OP, der Intensivmedizin und der Errichtung einer neuen HalbintensivStation in Tuttlingen habe das Gesundheitsministerium eine bauliche Perspektivenplanung gefordert: Wäre eine Konzentration am Standort Tuttlingen möglich und wie? Diese Planung wollte man ursprünglich im Herbst 2019 mit dem neuen Aufsichtsrat – aus dem neuen Kreistag – angehen, so Bär.
Im Strukturgutachten war man noch davon ausgegangen, dass bei einer Schließung Spaichingens rund 100 Betten verloren gingen und auch Tuttlingen in eine kritische Größe gerutscht wäre, so Bär. Das ist jetzt anders. Mit dann 300 Betten insgesamt verlöre man bei der Zusammenlegung nur 24. In Spaichingen sind es momentan etwas über 100 Betten, rund 30 würden zunächst bleiben.
Qualität soll gesichert werden
Ein weiterer Grund, jetzt an eine Schließungsentscheidung zu gehen, sei, dass seit 2019 die Notfallversorgung nur dann voll von den Kostenträgern bezahlt werde, wenn auch die Infrastruktur – etwa eine entsprechend ausgestattete Intensivstation oder Diagnosegeräte sowie eben die Fachabteilung Unfallchirurgie – vorliege. Die Politik dränge über diese Mechanismen zur Zentralisierung, um die Qualität der Versorgung zu sichern, so Bär.
Wenn der Kreistag am 7. März tatsächlich den Schließungsbeschluss fällt, soll versucht werden, die schon bisher existierenden ärztlichen Angebote über das Medizinische Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten und die selbstständigen Praxen zu stärken.
Der Landkreis wisse um die Bedeutung des Spaichinger Standorts für die medizinische Versorgung des nördlichen Landkreises, so Bär. Und aus dieser Verantwortung wolle man sich nicht zurückziehen und im Benehmen mit der Stadt Spaichingen neue Lösungen suchen.