Handwerk ist offen für „Zuzug von außen“
Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft in der Stadthalle Spaichingen
SPAICHINGEN - Bei seiner Begrüßung zum Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Tuttlingen am Samstagabend in der Spaichinger Stadthalle hat Kreishandwerksmeister Armin Schuhmacher eine Lanze für das Handwerk als „Deutschlands vielseitigstem Wirtschaftsbereich“gebrochen, das als „tragende Säule unserer Wirtschaft“gelte und als Ausbilder, Arbeitgeber und Versorger vor Ort unverzichtbar sei.
Schuhmacher zeigte sich im Rückblick mit dem Verlauf des vergangenen Jahres sehr zufrieden; und seine Prognose für das kommende Jahr fiel ebenfalls positiv aus, obwohl negative Auswirkungen der weltweiten Konflikte auf das Handwerk nicht auszuschließen seien.
Fachkräftemangel macht Sorge
Landrat Stefan Bär blickte durch die Kreisbrille auf dieses Thema, stellte stolz das positive Ranking des Landkreises im bundespolitischen Vergleich dar, gab aber auch zu bedenken, dass man hinsichtlich des Fachkräftemangels und des Lohngefälles zur Industrie Gedanken für die Zukunft machen müsse. Offen zeigte er sich für die Notwendigkeit des „Zuzugs von außen“, um dafür zu sorgen, „unseren Standort besser herauszustellen“. Die weiteren Herausforderungen des Landkreises seien der Breitbandausbau und die Gesundheitsversorgung.
„Weiter so“ist gefährlich
Spaichingens Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher stimmte kritischere Töne an, indem er Aussagen seiner Gesprächspartner dahingehend bewertete, dass der Staat gefordert sei, die Rahmenbedingungen für die Arbeit zu verbessern, um für die sich verändernden Ansprüchen der Arbeitswelt – zunehmende Arbeitsmigration – passende Antworten zu finden. Ein bloßes „Weiter so“sei gefährlich und daher müsse diese sozialen Ungerechtigkeiten von der Politik gelöst werden.
Handwerkskammerpräsident Gotthard Reiner bewertete die Integration von ausländischen Arbeitskräften offener und sieht diese als gutes Mittel zur Beseitigung von Engpässen. Er sieht ebenfalls die Notwendigkeit der Weiterentwicklung im Handwerk, um die personelle Situation zu verbessern. Das Handwerk, so Reiner, wird sich verändern müssen, um weiterhin Spitzenleistung bringen zu können. Man sei bereit für große Ziele im Rahmen einer Ideenmanufaktur.
Oskar Vogel als Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Handwerkstags stellte die Unterstützungsmöglichkeiten durch den Handwerkstag vor und blickte in eine Zukunft, die große Veränderungen in der Struktur der Handwerksbetriebe bringe.
Plädoyer für Meisterpflicht
So müsse man für das breite Spektrum vom Ein-Mann-Betrieb bis zu den immer häufiger sich entwickelnden großen Handwerksbetrieben passende Hilfestellungen anbieten können. Das vom baden-württembergischen Handwerkstag initiierte Projekt „Dialog und Perspektive Handwerk 2025“erforsche die Auswirkungen der Digitalisierung, der Energiewende und des demografischen Wandels, um Antworten auf neue Herausforderungen zu finden und diese den Handwerksbetrieben zur Verfügung zu stellen.
So forderte er die Zuhörer auf: „Greifen Sie zu und finden Sie Antworten, die auf ihren Betrieb zugeschnitten sind.“
Dass man die Meisterpflicht wieder einführen müsse, war eine klare Aussage Vogels, ebenso wie die Forderung von Meisterprämien, wie sie schon in vielen Bundesländern die Regel seien. Diesbezüglich müsse man auch der Politik Dampf machen, um ans Ziel zu kommen.
Für große Dinge einsetzen
Zum Schluss seiner Ausführungen stellte Vogel auch den europäischen Zusammenhang her, klärte auf, dass sich die Entscheidungen der EU positiv auf die Region auswirkten und wie wichtig es sei, junge Nachwuchskräfte in der Kommunalpolitik zu ermuntern, sich für große Dinge einzusetzen.
Was die kommenden Jahre konjunkturpolitisch bringen werden, ist heute noch nicht abzusehen. Ginge es nach der Stadtkapelle Spaichingen, die den Neujahrsempfang unter der Leitung von Thomas Uttenweiler prächtig musikalisch umrahmte, bringt er aufmunternden Schwung und reißt somit seine Mitglieder mit.