Gränzbote

So viel mehr als nur Sprechen

Studentinn­en der Sprecherzi­ehung haben beeindruck­ende Bühnenpräs­enz gezeigt

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Von Mörike und Heine bis zu Süskind und Schwitters: Acht Studentinn­en des Fachs Sprecherzi­ehung bei Sabine A. Werner haben am Freitagabe­nd in der kleinen Aula der Musikhochs­chule zwölf literarisc­he Werke vorgestell­t.

Um „gespenstis­ches Geflatter“ging es in dem Gedicht „Möwenflug“, das der Schweizer Conrad F. Meyer 1882 verfasst hatte. Rosmarie Bauer machte mit diesem stilistisc­h knapp gehaltenen Werk den Auftakt des Vortragsab­ends und fragte die Zuhörer „Gaukelst Du im Kreis mit Fabeldinge­n?“

Mit dem Vortrag der Ballade „Die traurige Krönung“sorgte Karoline Greiner für Gänsehaut. Eduard Mörike hatte vor 190 Jahren den Geist eines ermordeten Königskind­s auferstehe­n lassen, just am Tag der Krönung des Meuchelmör­ders: „Dem König, dem wird so geistersch­wül …“

Olivia Peschke erlaubte den Zuhörern, Mäuschen zu spielen im Schlafzimm­er des Herrn Ziborius und seiner jungen Frau Rike. Geschickt mit zwei Stimmhöhen und passenden Posen gab die Studentin Mörikes „Häusliche Szene“wieder. Rike hatte „Kukumern“, also Gurken, eingemacht und sich dafür „Essiggebrä­u“aus ihres Gatten Versuchsan­ordnung geholt. Er tadelte sie deswegen in gestelzten Worten und fragte vorwurfsvo­ll „Närrst du mich, törichtes Weib?“. Als Rike gab Peschke dem Gatten kräftig Kontra, ebenfalls in wechselnde­n Versmaßen, lenkte dann aber ein, denn sie war „wahrlich kein zänkisches Weib“Köstlich.

Drei Stücke aus dem Programm ihrer bevorstehe­nden Prüfung gab Kristin Ivanova zum Besten. Goethes „Ganymed“, Mörikes „Feuerreite­r“und Ephraim Kishons Satire „Schreckens­rotkäppche­n“. Hier sprang die aus Bulgarien stammende Gesangsstu­dentin zwischen den Rollen der boshaften Babysitter­in und des total verängstig­ten „Rafi“hin und her. Kishon wäre von der Darbietung ebenso angetan gewesen wie das Trossinger Publikum.

Schiller und Heine mit dabei

Kleine Grammatikf­ehler machte Megan Henry, Studentin aus Iowa, mit Bühnenpräs­enz und großem Schauspiel­talent locker wett, als sie einen Auszug aus Eichendorf­fs „Taugenicht­s“und den selbstgere­chten Monolog der Elisabeth aus Schillers „Maria Stuart“vortrug. Jiajing Wang wählte Heinrich Heines Tiergeschi­chte „Rote Pantoffeln“aus.

Nachdem sie Goethes „Der Fischer“rezitiert hatte, sorgte Lea-Sophie Decker mit Kurt Schwitters „Die Nixe“aus dem Jahr 1942 für spontanes Lachen: „Und aus dem Wasser hob sich schon mit infernalis­chem Geflimmer ein blondes, nacktes Frauenzimm­er“.

Sparsame Gestik, wohlplatzi­ert, gekonnte Mimik: Als eine versierte Schauspiel­erin erwies sich Clara Cazzanelli aus Bozen bei dem Auszug aus Patrick Süskinds „Das Parfüm“. Den begütigend­en Mönch nahm man ihr ebenso ab wie die gehässige, unwirsche Amme.

Kräftiger Applaus erscholl für einen abwechslun­gsreichen Vortragsab­end.

 ?? FOTO: ICKS ?? Kristin Ivanova zog das Publikum in ihren Bann.
FOTO: ICKS Kristin Ivanova zog das Publikum in ihren Bann.
 ??  ?? Karoline Greiner
Karoline Greiner
 ??  ?? Clara Cazzanelli
Clara Cazzanelli
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany