Europa findet keine eindeutige Haltung
27 Mitgliedsstaaten wollen Interimspräsident Guaidó stützen – Einer stellt sich quer
BRÜSSEL - Der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition in Venezuela ist auf die internationale Bühne übergeschwappt. US-Präsident Donald Trump droht mit militärischem Eingreifen zugunsten von Oppositionsführer Juan Guaido, Autokraten wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin in Russland sowie die Führer von China, Weißrussland und Iran äußern Sympathie für Amtsinhaber Nicolás Maduro. Nur die Europäische Union schweigt, weil sie sich nicht zu einer gemeinsamen Haltung durchringen kann.
Beim Außenministertreffen Ende vergangener Woche in Bukarest hatte die schwedische Außenministerin eine Erklärung vorgeschlagen, nach der die EU Guaido als Interimspräsidenten anerkennen würde, sollte Maduro die EU-Forderung nach Neuwahlen ignorieren. 27 Mitgliedsstaaten unterstützten das Papier, Italien aber sagte nein. Teilnehmer der Sitzung berichten, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hätte sich überraschend schnell mit dieser Blockade abgefunden und eine Kontaktgruppe vorgeschlagen, die sich kommenden Donnerstag in Uruguay zusammenfinden und in dem Streit zwischen Maduro und Guaido vermitteln soll. Da Mogherini ansonsten Konflikten nicht aus dem Weg geht und den Kampf für Demokratie und Menschenrechte als europäische Kernaufgabe ansieht, fragen sich einige, ob Mogherinis italienische Nationalität ihre Zurückhaltung in dieser Frage erklärten könnte.
Übers Wochenende aber wuchs die Gruppe derer in der EU, die sich mit der Rolle des im Hintergrund wirkenden Vermittlers nicht zufriedengeben wollen. Am Sonntagmittag twitterte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, sein Land werde Guaido als Interimspräsidenten anerkennen, sollte sich Maduro Neuwahlen verweigern.
Am Montag nun unternahmen die EU-Botschafter in Brüssel einen weiteren Versuch, die gesamte Europäische Union auf diese Linie einzuschwören. Mehrere Stunden wurde an einer gemeinsamen Erklärung gefeilt, die für alle akzeptabel hätte sein sollen. Doch auch diesmal stellte sich Italien in letzter Minute quer.
Häufig blockiert ein Land
Die EU, die angesichts einer sich radikalisierenden Außenpolitik unter Trump und Putin dringend als ausgleichendes Element gebraucht würde, kann diese Funktion nicht ausfüllen, da sie sich in der Außenpolitik Einstimmigkeit verordnet hat. Da geopolitische und wirtschaftliche Interessen sowie historische Bezüge der EU-Mitglieder sehr unterschiedlich sind, kommt es häufig vor, dass ein Land oder eine kleine Gruppe alle übrigen blockiert und so dafür sorgt, dass die europäische Stimme bei einem wichtigen Thema nicht zu hören ist.