Handeln statt streiten
Selten kam eine gute Nachricht so gelegen. Die Luft in Stuttgart und anderen Städten in Baden-Württemberg ist 2018 besser geworden. Zwar liegen die Stickoxidwerte zum Teil noch deutlich über dem Erlaubten. Doch selbst am dreckigsten Messpunkt Deutschlands, dem Stuttgarter Neckartor, sinkt die Belastung. Diese Werte konnte BadenWürttembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag verkünden – morgens beim Krisentreffen mit der CDU, später der Öffentlichkeit. Angesichts von Koalitionskrach und Demos gegen Dieselverbote hätte der Zeitpunkt kaum besser sein können.
Damit sind weitere Fahrverbote in der Landeshauptstadt aber keineswegs vom Tisch. Denn noch liegen die Werte vor allem am Neckartor deutlich über dem EU-Grenzwert. Niemand kann heute sicher sagen, wie sie sich bis Sommer 2019 entwickeln. Spätestens dann müssen die Regierungspartner Grüne und CDU entscheiden, ob ab Januar 2020 auch Euro-5-Diesel ausgesperrt bleiben. Wenn bis dahin keine sichtbare Besserung erkennbar ist, wären weitere Verbote verhältnismäßig – das hatten die höchsten deutschen Verwaltungsrichter geurteilt.
Doch nicht einmal Experten des grünen Verkehrsministeriums gehen davon aus, dass im Sommer Weichen für flächendeckende Fahrverbote ab 2020 gestellt werden. Zum einen zeigen die Gegenmaßnahmen Wirkung. Zum anderen will man nach Münchner Vorbild Ergebnisse weiterer Messstellen anführen, um zu zeigen, dass die Belastung im Mittel sinkt.
Sollten das Neckartor und wenige andere Straßen weiter Sorgenkinder bleiben, könnten nur dort weitere Fahrverbote kommen, nicht aber in der gesamten Stadt. Dies wäre eine schlechte Lösung: Die Verbote sind kaum kontrollierbar und auf den Ausweichstrecken würde die Schadstoffbelastung steigen.
Festzuhalten bleibt: Bevor Fahrverbote drohten, hat sich kaum etwas bewegt. Erst unter diesem Druck fanden Grüne wie CDU zu pragmatischen Lösungen. Dass es dazu ständig öffentlicher Koalitionsstreitigkeiten bedarf, ist äußerst ärgerlich.