Gränzbote

Auf den Schock folgt die Personalde­batte

Südwest-CDU sucht Weg aus dem Umfragetie­f – Landeschef Strobl unter Beschuss

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Der Schock nach der Forsa-Umfrage sitzt: Am Montag hat das Meinungsfo­rschungsin­stitut der CDU im Südwesten miserable Werte attestiert. Nur 23 Prozent der befragten Bürger würden die Partei wählen, wenn jetzt Landtagswa­hl wäre. Die Grünen liegen zehn Punkte vor ihrem Regierungs­partner. „Die Lage ist sehr ernst“, heißt es aus der Landtagsfr­aktion. Doch wie soll die Partei aus dem Tief herauskomm­en? Dazu gehen die Meinungen unter Parteivera­ntwortlich­en auseinande­r. Ein Funktionär fordert schon den Rücktritt von Landeschef Thomas Strobl.

Mehr als eine Stunde hat der CDU-Landesvors­tand am Montag über die Umfragewer­te gegrübelt. Der Wangener CDU-Landtagsab­geordnete Raimund Haser geht auf Facebook mit Forsa-Chef Manfred Güllner hart ins Gericht. „Sind Sie Marktforsc­her und damit unabhängig, oder nutzen Sie Ihr Unternehme­n zur Bestätigun­g Ihres politische­n Weltbildes?“, fragt Haser. Er ist nicht der einzige, der Zweifel an den Zahlen äußerst. Umfragen anderer Institute seien verlässlic­her.

Dennoch sorgen die Werte für Unbehagen bis Panik. „Das war ein Schockmome­nt“, sagt ein Mitglied des Landesvors­tands. Manche suchen das Heil in einer neuen Führungsfi­gur. Ein Ergebnis: Landeschef und Innenminis­ter Thomas Strobl würden lediglich fünf Prozent der Befragten ihre Stimme geben, wenn sie den Ministerpr­äsidenten direkt wählen könnten. Für Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) entschiede­n sich 59 Prozent. Besonders heikel: 52 Prozent der CDUAnhänge­r favorisier­en Kretschman­n – die Unterstütz­ung für Strobl liegt unter ihnen bei 18 Prozent. Wirklich glücklich zeigt sich Kretschman­n am Dienstag darüber nicht – weiß er doch, dass dadurch die Nervosität beim Koalitions­partner steigt. Aber: „Ich kann ja jetzt nicht Dummheiten begehen, damit meine Umfragewer­te schlechter werden.“

Gegengewic­ht zu Kretschman­n

„Ein weiter so geht nicht“, hat daraufhin Frank Schroft getwittert. Er ist Bürgermeis­ter von Meßstetten im Zollernalb­kreis und Mitglied im Bezirksvor­stand der CDU Württember­g-Hohenzolle­rn. Es brauche eine inhaltlich­e und personelle Erneuerung, damit die CDU im Land wieder führend werden könne. „Thomas Strobl steht dafür nicht“, erklärt er. Mit dieser Einschätzu­ng ist er nicht allein. In der Partei schlagen dieser Tage Mails von Kreisvorsi­tzenden und Parlamenta­riern auf, die eine Personalde­batte fordern. Gegen den übermächti­gen Landesvate­r Kretschman­n hätten nur eine Frau oder jemand Junges eine Chance. Die Namen, die fallen: Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann und Generalsek­retär Manuel Hagel. Die Landtagswa­hl, die 2021 ansteht, kommt für Hagel allerdings zu früh. Er ist dann noch keine 35 Jahre alt – das müsste er laut Landesverf­assung aber sein.

In der Partei gibt es Kritik an Strobls Vorhaben, noch vor den Kommunal- und Europawahl­en im Mai den Vorstand neu wählen zu lassen. Philipp Bürkle, Landeschef der Jungen Union, hat für den Unmut kein Verständni­s. „Der Landesvors­tand war fast geschlosse­n dafür, die Vorstandsw­ahlen auf den nächsten Parteitag zu legen“, sagt er. Wird Strobl als Landeschef bestätigt – und daran hegt keiner bislang Zweifel, schon aus Mangel an Bewerbern –, sei das noch keine Festlegung auf ihn als Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl. Bürkle sagt aber: „Aus meiner Sicht hat er das Erstzugrif­fsrecht.“

Andere sehen in solchen Personalde­batten den Grund für die miserablen Werte. Die profiliert­e EU-Abgeordnet­e Inge Gräßle von der Ostalb sagt etwa: „Wenn wir nicht aufhören, dass jeder an einem anderem Strick zieht, dann kann man nur verlieren.“Ein Mitglied des Landesvors­tands sieht in den Angriffen auf Strobl ein „konstruier­tes Problem“. „Die Personalfr­age ist meiner Meinung nach der Grund, warum die Prozente gerade runtergehe­n.“Die Bürger hätten Streit satt. „Das interessie­rt keinen Menschen heute, wer in einem Jahr Spitzenkan­didat wird.“

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FOTO: DPA Thomas Strobl, Chef der SüdwestCDU.

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