Autorin Rosamunde Pilcher gestorben
Bestsellerautorin Rosamunde Pilcher ist mit 94 Jahren nach einem Schlaganfall gestorben
LONDON (dpa) Die britische Schriftstellerin Rosamunde Pilcher (Foto: dpa) ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Dies teilte das ZDF, das viele ihrer Bücher verfilmt hatte, am Donnerstag unter Berufung auf Pilchers langjährigen Produzenten mit. Die Engländerin war mit ihren Romanen, die weltweit Millionenauflagen erreichten, eine der erfolgreichsten Autorinnen ihrer Zeit. Den Durchbruch feierte sie 1987 mit „Die Muschelsucher“.
MÜNCHEN (AFP/DPA) - Ihr Verlag nannte Rosamunde Pilcher die „Königin der Herzschmerz-Literatur“. Doch die nun mit 94 Jahren verstorbene Bestsellerautorin zeigte in Gefühlsdingen im wahren Leben mehr Pragmatismus als Romantik. „Ich habe in meinem Leben mehr gebügelt als geliebt“, sagte Pilcher zu ihrem 90. Geburtstag der „Bild am Sonntag“. Viele ihrer Äußerungen zeigen eine humorvolle, bodenständige Frau, deren Talent darin lag, ihre Leser in Traumwelten zu entführen.
Zu der Bestsellerautorin mit weltweit mehr als 60 Millionen verkauften Büchern wurde Pilcher erst im reifen Alter. Das 1987 veröffentlichte „Die Muschelsucher“wurde ihr erster großer Erfolg.
Späte Karriere
Wie Pilcher in einem Interview erzählte, kam sie als Ergebnis eines gemeinsamen Abendessens mit ihren vier Kindern, ihrem Mann und ihrem US-Agenten dazu, „Die Muschelsucher“zu schreiben. Die Kinder hätten genörgelt, warum ihre Mutter noch immer nicht Erfolgsautorin sei. Der Agent habe gesagt, ihre Bücher seien schlicht zu kurz. „Ich will einen dicken, fetten Schmöker für Frauen.“Damals habe sie nach dem Aufziehen der Kinder endlich die Zeit für ein langes Buch gehabt. „Die Muschelsucher“verkauften sich allein in Deutschland 1,7 Millionen Mal.
Pilcher kam am 22. September 1924 in Lelant in der Grafschaft Cornwall zur Welt. Dort in der Nähe des malerisch an der Küste gelegenen St. Ives wuchs sie auf. St. Ives ist ein Künstlerstädtchen, alle Freunde der Familie seien damals Künstler gewesen, sagte Pilcher einmal. Besonders das Licht habe es ihr dort angetan.
Ihre Bücher spielten alle in den Grafschaften ihrer Jugend. Doch die längste Zeit ihres Lebens verbrachte Pilcher in Schottland. 1946 heiratete sie den Textilunternehmer Graham Pilcher, der 2009 gestorben ist. Mit ihm bekam sie fünf Kinder, von denen eines kurz nach der Geburt starb.
Zwar waren bei Pilchers die Rollen klar verteilt – er arbeitete, sie erzog die Kinder. Doch Rosamunde Pilcher schrieb immer fort und hatte auch eine klare Priorität für ihr Leben: „Erst kommt das Schreiben, dann die Familie, dann die Freundinnen“, sagte sie dem ZDF einmal. „Ich wäre eine schlechte Mutter, wenn ich nicht schreiben würde, ich wäre nur frustriert und gelangweilt.“
Dass ihre Bücher wie „Stürmische Begegnung“oder „Wilder Thymian“in den Feuilletons mit einem gewissen Hochmut besprochen wurden, störte sie. „Gewisse Literaten“rümpften die Nase. Doch sie hielt daran fest, in ihren Büchern Drogen und Gewalt keinen Platz zu geben und damit eine eigene, heile Welt zu erschaffen.
Zu sehen ist das regelmäßig im deutschen Fernsehen. Das ZDF begann vor gut 25 Jahren mit der Verfilmung von Pilcher-Romanen. „Stürmische Begegnung“hieß 1993 das erste Werk, das mit acht Millionen Zuschauern ein Straßenfeger wurde. Mittlerweile ist der 150. Film abgedreht. „Wie, Pilcher ist keine Deutsche?“, fragen vor allem jüngere Bundesbürger erstaunt, wenn sie erfahren, dass die Autorin in England aufwuchs und in Schottland lebte. In keinem anderen Land war Pilcher so bekannt wie in Deutschland. Zu verdanken hat sie das wohl auch dem ZDF, das mit den auf Pilcher-Geschichten basierenden, herzerwärmenden 90-Minuten-Filmen eines der erfolgreichsten Formate des deutschen Fernsehens geschaffen hat.
Der Publikumserfolg der Filme ist in Deutschland so groß, dass ein regelrechter Pilcher-Tourismus vor allem in die Region um Cornwall einsetzte. Reiseunternehmen bieten Touren auf ihren Spuren an, die britische Tourismusbehörde zeichnete sie aus. Manche sagen, niemand habe mehr für die Verbindung zwischen Deutschland und Großbritannien getan. Als Anerkennung für ihre Verdienste verlieh Prinz Charles Pilcher 2002 den Verdienstorden des britischen Königreichs.
Über ihre Arbeit habe die Mutter zu Hause nie gesprochen, erinnerte sich die älteste Tochter, Fiona WynnWilliams. „Wir waren oft in den Bergen und am Strand picknicken“, erzählte sie der Nachrichtenagentur dpa anlässlich des 90. Geburtstags ihrer Mutter. Pilcher habe ihre Kinder ermutigt, immer das zu tun, was sie wollten – zum Schreiben habe sie sie nie überreden wollen. Einer tut es trotzdem: Sohn Robin Pilcher wurde selbst Schriftsteller. Der Erfolg bescherte Pilchers Familie ein Millionenvermögen
Rosamunde Pilcher veröffentlichte ihren letzten Roman im Jahr 2000. Langweilig sei ihr aber nie, erzählte sie einmal: „Es fällt mir leicht, die Tage zu füllen. Ich habe einen Haushalt zu führen, Hunde, mit denen ich rausgehen muss, einen großen Garten und eine Familie, die ich besuche, oder die mich besuchen kommt.“
Das ZDF zeigt am Sonntag um 20.15 Uhr „Rosamunde Pilcher: Die Braut meines Bruders“und wiederholt schon am Samstag ab 12.15 Uhr „Rosamunde Pilcher: Die Muschelsucher“.