Nach dem Messermord von Dornbirn stellt sich die Sicherheitsfrage
Ein Asylbewerber hat in der frei zugänglichen Vorarlberger Bezirkshauptmannschaft den Leiter der Sozialabteilung erstochen
BREGENZ - Die Ermordung eines Beamten durch einen Asylbewerber in Vorarlberg zieht Kreise. Wie Landeshauptmann Markus Wallner von der konservativen ÖVP am Donnerstag bei einer Pressekonferenz bekannt gab, sollen nun schleunigst alle Behörden des kleinen westösterreichischen Bundeslandes stark gesichert werden. Zudem will Wallner von der Wiener Bundesregierung Antworten darauf, weshalb sich der vorbestrafte und mit einer Einreisesperre versehene türkische Staatsbürger überhaupt frei im Land bewegen konnte. Der Landeshauptmann sieht gesetzliche Schwächen auch in Bezug auf das europäische Asylrecht.
Wie berichtet, hatte sich die Tat am Mittwoch gegen 15 Uhr ereignet. In der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn, vergelichbar einem deutschen Landratsamt, stach der 34-jährige Asylbewerber mit einem Küchenmesser auf den Leiter der Sozialabteilung ein. Der 49-jährige verstarb noch am Tatort, hinterlässt eine Lebensgefährtin und Kinder. Wallner sagte sichtlich geschockt: „So etwas ist bisher noch nicht vorgekommen.“
Die Tat hat eine lange Vorgeschichte. Der türkische Staatsbürger ist in Vorarlberg geboren. Nach Angaben der Polizei lebt seine Familie immer noch im Raum Lustenau, der zur Dornbirner Bezirkshauptmannschaft gehört. „Er hat sich bereits früher einiges zuschulden kommen lassen“, sagte Norbert Schwendinger vom Landeskriminalamt. In erster Linie sei es dabei um Eigentumsdelikte gegangen. Daraufhin war er vor zehn Jahren ausgewiesen worden, zudem war ein Einreiseverbot für den Schengen-Raum verhängt worden. Schwendinger bestätigt, dass der ermordete Beamte seinerzeit die Dokumente unterschrieben habe.
Der Kriminalbeamte berichtete, dass der Täter womöglich im vergangenen Jahr schon einmal illegal nach Vorarlberg zurückgekehrt sei, man habe ihm dies aber nicht nachweisen können. Aktuell verhalte es sich folgendermaßen: „Er ist zu einem noch unbekannten Zeitpunkt illegal nach Österreich gekommen. Seinen Angaben zufolge hat ihn ein Schleuser mit einem Lkw ins Land gebracht. Am 7. Januar hat er einen Asylantrag gestellt.“Dies geschah in der Erstaufnahmeeinrichtung von Thalham im Salzburger Land. Schwendinger sagte, der Mann nehme für sich in Anspruch, türkischer Kurde zu sein und mit einer nicht näher genannten kurdischen Gruppe gegen türkische Sicherheitskräfte gekämpft zu haben.
Wegen seiner familiären Bindungen sei er zur weiteren Betreuung nach Vorarlberg überwiesen worden. Landeshauptmann Wallner unterstrich in diesem Zusammenhang, dass den Vorarlberger Behörden die Vorgeschichte des Asylbewerbers bekannt gewesen sei. Deshalb hätten sie es abgelehnt, für ihn die Grundsicherung zu übernehmen. Der Mann sei aber dennoch privat angereist und offenbar bei seinen Verwandten untergekommen. Den Ermittlungen zufolge hat er danach mehrfach die Bezirkshauptmannschaft aufgesucht. Er wollte demnach an Geld kommen und versuchte, doch noch eine Mindestsicherung zu erreichen.
Am Mittwoch muss die Lage eskaliert sein. Norbert Schwendinger berichtet, der Asylbewerber sei „ziemlich aggressiv“ins Büro des Opfers gekommen. Dort habe er gebrüllt, wo sein Geld bleibe. Nachdem der Mann abgewiesen worden sei, habe er die Bezirkshauptmannschaft verlassen. „Eine halbe Stunde später ist er dann mit einem Küchenmesser zurückgekommen“, sagte Schwendinger. Weil sich der Asylbewerber bei der Tat selbst schwer an der Hand verletzt habe, sei eine ausführliche Vernehmung bisher noch nicht möglich gewesen. „Bei einer ersten Befragung zeigte sich aber, dass der Täter keine Reue empfindet. Das war kaltblütiger Mord“, meinte der Polizist.
Als erste Reaktion hat die Landesregierung die Sicherheitsvorkehrungen im Bregenzer Regierungsgebäude verstärkt. Dort müssen Besucher nun durch eine Sicherheitsschleuse. Generell sollen die Behörden im Land künftig entsprechend ausgerüstet sein. „Wir haben noch am Mittwoch die Geräte bestellt“, sagt Landeshauptmann Wallner und äußerte ausdrücklich sein Bedauern. Bisher habe man auf offene Türen und Bürgernähe gesetzt. Wallner möchte nun strengere gesetzliche Vorgaben im Umgang mit polizeibekannten Asylbewerbern erreichen. Es gehe nicht an, dass sich so jemand ohne Weiteres frei in Österreich bewegen dürfe. Er habe deshalb am Donnerstagmorgen ein langes Telefonat mit Österreichs Innenminister Herbert Kickl von der rechtsstehenden FPÖ geführt, sagte Wallner.