Ärger über Bahn im Allgäu
Ruf nach Ersatzzügen zwischen Memmingen und Lindau
WANGEN/BERLIN (sz) - Im Württembergischen Allgäu fallen seit Montag die meisten Züge zwischen Memmingen und Lindau aus. Der Bahn fehlen Triebwagen, vorhandene Modelle werden wegen technischer Probleme geprüft. Deswegen verkehren nur Busse, auch der Umsteigebahnhof Aulendorf ist abgeschnitten. Bürgermeister der Region und das Landesverkehrsministerium forderten die Bahn am Montag auf, schnellstmöglich Ersatzzüge zu besorgen. Diese rechnet jedoch nicht damit, dass vor dem 11. April eine Besserung eintritt.
Generell hat die Deutsche Bahn mit vielen Problemen zu kämpfen, unter anderem gibt es auch Schwierigkeiten, gutes Personal zu finden. Personalvorstand Martin Seiler jedoch verteidigt das Unternehmen im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. Allein in diesem Jahr würden bei der Bahn 22 000 Menschen neu eingestellt.
WANGEN - Bahnchaos im Württembergischen Allgäu: Weil der Bahn Triebwagen fehlen, fallen seit Montag nahezu alle Züge zwischen Memmingen und Lindau aus. Damit ist auch die Verbindung nach Ulm unterbrochen. Bürgermeister, Landesverkehrsministerium und FahrgastVerbände üben scharfe Kritik.
Die Deutsche Bahn bezeichnete das Aus für den Schienenverkehr am Montag als „Vorsichtsmaßnahme“. Noch sei unklar, ob und welche Schäden an den 20 aus dem Verkehr gezogenen Triebwagen der Baureihe VT-650 vorlägen. Die Ausfälle könnten bis zum 11. April dauern. Auch der Bahnhof Aulendorf ist betroffen – hier steigen viele Bahnreisende in Richtung Ulm oder Ravensburg um.
Das Chaos reiht sich ein in eine Serie von Problemfällen im Bahnverkehr. Im Juni sollte das private Unternehmen Abellio das Stuttgarter Regionalnetz übernehmen. Nun fehlen aber wegen Lieferproblemen bei Bombardier sechs Züge. Auf der Gäubahn, am Bodensee und auf den Strecken von der Ostalb nach Stuttgart gibt es weiterhin immer wieder Probleme mit unpünktlichen oder zu vollen Zügen.
Bürgermeister sind erbost
Die Bürger- und Oberbürgermeister mehrerer betroffener Städte und Gemeinden protestierten in einer gemeinsamen Erklärung gegen dieses Vorgehen. Ihnen sei völlig unklar, weshalb die Bahn sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Nach Ansicht der Rathauschefs kommt die Stilllegung der DB-Züge kurz vor den Haupttagen der Fasnet „völlig zur Unzeit“. Die Busse könnten den Bedarf unmöglich decken. „Die Bahn und der ÖPNV als Ganzes haben in der Bevölkerung im Württembergischen Allgäu schon lange kein hohes Ansehen. Solche Eingriffe bewirken die Bestätigung, dass man sich auf den ÖPNV nicht verlassen kann“, heißt es weiter. Die Kommunalpolitiker nehmen auch das Land in die Pflicht: „Wir fordern das Land auf, dafür zu sorgen, dass die Bahn die vom Land bestellten Verbindungen auch auf die Schiene bringt.“
Ministerium fordert Lösung
Das angesprochene Landesverkehrsministerium sieht das ähnlich. „Ein derart lang dauernder Wegfall des Bahnangebots in einer ganzen Region entspricht nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Das ist ein neuer Tiefpunkt in der Qualitätsentwicklung des Schienenverkehrs in Südwürttemberg“, teilte das Haus von Winfried Hermann (Grüne) mit. Der Ersatzverkehr dürfe nur auf sehr wenige Tage begrenzt sein. Das Verkehrsministerium habe die DB Regio am Wochenende aufgefordert, bis Dienstagnachmittag eine Lösung vorzulegen. Die Bahn müsse Ersatzzüge aus dem Konzern oder von anderen Verkehrsunternehmen besorgen. Es sei jedoch richtig, dass die DB „den Hinweisen auf mögliche Schäden am Getriebe der Fahrzeuge sofort nachgehe“. Das sei im Interesse der Sicherheit.
Stefan Buhl, Landeschef des Fahrgastverbands Pro Bahn äußerte ebenso wie das Ministerium teilweises Verständnis für technische Probleme und daraus folgende Einschränkungen der Bahnleistungen. Allerdings hält er es für unglaubwürdig, dass „bundesweit weder im eigenen Konzern noch bei anderen Verkehrsunternehmen wenigstens so viele Ersatzfahrzeuge aufgetrieben werden können, dass der Schienenverkehr weitestgehend aufrecht erhalten werden kann“.
Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“erklärte sich die Deutsche Bahn erstmals vergleichsweise ausführlich zur Einstellung des Zugbetriebs: Die „Unregelmäßigkeiten“an 20 von 80 vorhandenen Triebwagen der Bauart Regio-Shuttle seien am Freitag bei Routinekontrollen festgestellt worden. „Es geht jetzt darum, die Fahrzeuge zu untersuchen und, wenn nötig, zu reparieren“, so ein Sprecher. Die Herausnahme der 20 Triebwagen sei „vorsorglich“und „spontan“geschehen, eine akute Gefahr habe aber nicht bestanden.
Aktuell sei die Bahntochter RAB im Gespräch mit Gemeindeverwaltungen in der Region, um herauszufinden, wo große Veranstaltungen zur Fasnet anstünden. Dann werde die RAB zusätzliche Busse organisieren.