CDU will Familiengeld einführen
Bayern dient der Union im Südwesten als Vorbild – Grüne lehnen Vorstoß ab
STUTTGART - Mehr Geld für Familien: Das fordert die CDU im Stuttgarter Landtag. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir Familien stärken müssen“, sagt der Sozialexperte der CDU-Fraktion Stefan Teufel. Ziel sei ein Familiengeld nach dem Vorbild Bayern. Es soll unabhängig vom Einkommen an alle Familien mit kleinen Kindern ausgezahlt werden. Ein Streit mit dem grünen Koalitionspartner ist vorprogrammiert.
Bereits bei ihrer Klausur im Januar hatte die CDU-Fraktion diese Frage diskutiert: Wie kann das Land Familien stärker unterstützen? „Es geht um Wertschätzung, aber auch darum, finanziell und beruflich verlässliche Rahmenbedingungen auszubauen“, sagt Teufel. „Uns liegt eines sehr am Herzen: Das ist die Wahlfreiheit. Familien sollen entscheiden, welche Betreuungsmöglichkeiten sie nutzen und welche nicht.“
Damit spricht Teufel an, was viele Konservative im Land seit Langem stört. Viel Geld wurde in den vergangenen Jahren in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert. Die grünrote Vorgängerregierung hat beispielsweise die Grunderwerbssteuer von 3,5 auf fünf Prozent erhöht, um die Betreuung der Kinder unter drei Jahren auszubauen. Wer sein Kind stattdessen bis zum Kindergartenalter Zuhause betreut, bekommt dafür kein Geld vom Staat.
Bayern zahlt 250 Euro monatlich
Bayern geht hier einen eigenen Weg. Seit September gibt es im Freistaat ein Familiengeld. Es ersetzt frühere Leistungen, die jedoch vom Einkommen der Eltern abhängig waren. Wie viel die Eltern verdienen, ist beim Familiengeld irrelevant. Es geht an Eltern aller Kinder zwischen dem 13. und dem 36. Lebensmonat. Das Familiengeld beträgt 250 Euro im Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro. Auch wer Hartz IV bezieht, bekommt das Familiengeld zusätzlich ausgezahlt. So hat es das Land mit dem Bund ausgehandelt. Laut bayerischem Sozialministerium plant das Land mit Kosten von 750 Millionen Euro in diesem und mehr als 770 Millionen Euro im kommenden Jahr.
Für den Aalener CDU-Abgeordneten Winfried Mack ist dies der richtige Weg. Neben dem Familiengeld zahle das Nachbarland seinen Familien eine Eigenheimzulage sowie eine Kita-Förderung – alles steuerfrei. So komme pro Kind ein mittleres Jahreseinkommen einer Familie zusammen, nämlich 40 000 Euro, bis ein Kind das Schulalter erreicht. Nun müsse Baden-Württemberg mit einem Familienbildungsgeld nachlegen, meint er. „Es soll keine Frage des Geldes sein, ob man es sich leisten kann, Kinder zu haben oder nicht.“
Bestärkt fühlt sich die CDU-Fraktion durch eine Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung vom November. Ein Forscherteam hatte im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung untersucht, ob Geldleistungen bei den Kindern ankommen. Das Fazit: Die große Mehrheit der Eltern investiert in ihre Kinder – etwa für Hobbys und Bildung. „Direkte finanzielle Leistungen für Familien sind sinnvoller als aufwändig zu beantragende Sachleistungen“, hatte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, erklärt. Zahle der Staat zweckgebundene Leistungen etwa für Klassenfahrten, verschlinge der Verwaltungsaufwand 30 Prozent des Geldes.
Zur Konkretisierung ihres Konzeptes hat die CDU-Fraktion in Baden-Württemberg Vertreter der Bertelsmann-Stiftung für Mitte März in den Arbeitskreis Soziales eingeladen. Beschlossen sei noch nichts, betont Teufel. „Das besprechen wir gerade noch auf Fraktionsebene.“Dann werde man mit den Grünen reden.
Koalitionsstreit absehbar
Schon jetzt ist ein Koalitionsstreit absehbar. Thomas Poreski, Sozialexperte der Grünen-Fraktion, nennt Bayerns Modell ungerecht. „Wenn die CDU, die Teil der Regierungskoalition in Berlin ist, die Familienförderung tatsächlich für so wichtig hält, sollte sie in Berlin darauf dringen, dass Alleinerziehende und Familien mit kleinen Kindern bundesweit besser gefördert werden.“Der Vorstoß der CDU sei nicht im Koalitionsvertrag vereinbart.
Auch Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) setzt auf eine „bedarfsgerechte Förderung von Familien“, die zunächst Aufgabe des Bundes sei. „Ich stehe für eine moderne und teilhabegerechte Familienpolitik, die sich vor allem denjenigen widmet, die es am nötigsten haben – Kindern aus armen und benachteiligten Familien.“Er plädiert für eine Kindergrundsicherung, die sich am Bedarf der Familie orientiert.