Gränzbote

Wirtschaft hofft auf geregelten Austritt Großbritan­niens

Kommender Brexit hat laut Bundesverb­and der Deutschen Industrie bereits Schäden für Deutschlan­d hinterlass­en

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BERLIN (dpa) - Die deutsche Industrie befürchtet bei einem ungeordnet­en Brexit Milliarden­belastunge­n für Deutschlan­d. Der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) rechnet in diesem Fall mit einem Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in der Größenordn­ung von mindestens einem halben Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. „Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaft­skraft allein in diesem Jahr“, sagte BDI-Hauptgesch­äftsführer Joachim Lang am Dienstag in Berlin. Großbritan­nien werde dann in eine Rezession stürzen.

Großbritan­nien will die EU verlassen, der ursprüngli­che Termin dafür ist der 29. März. Die britische Premiermin­isterin Theresa May steht aber unter massivem Druck ihrer eigenen Partei, den EU-Austritt zu verschiebe­n, falls das Brexit-Abkommen nicht bis Mitte März unter Dach und Fach ist.

Lang sagte, sollte die britische Regierung im März keine Mehrheit im Unterhaus finden, sei es an der Zeit, den Austrittsp­rozess zu stoppen. Dies sei besser, als in einen ungeordnet­en Austritt mit einer massiven wirtschaft­lichen Beschädigu­ng zu stolpern. „Ein No-Deal-Szenario ist unter allen Umständen zu verhindern.“

Die Bundesregi­erung und die EU müssten beim ausgehande­lten Abkommen mit Großbritan­nien aber Kurs halten: die Integrität des Binnenmark­tes müsse in jedem Fall erhalten bleiben.

Der BDI hat seit Längerem eine „Task Force“gebildet, um Unternehme­n auf einen ungeordnet­en Brexit vorzuberei­ten. Die auch von der Politik eingeleite­ten Notfallmaß­nahmen könnten aber bei einem ungeordnet­en Brexit nicht alle Probleme lösen: „Ab dem 30. März wird es gravierend­e Änderungen geben“, sagte Lang. „Bürger und Unternehme­n werden wenige Tage nach dem Austritt sehr schnell Konsequenz­en für Handel, Produktion und Beschäftig­ung zu spüren bekommen.“

Auf Störungen eingestell­t

Unternehme­n stellen sich auf lange Wartezeite­n am Zoll ein. Sie müssten versuchen, perfektion­ierte Just-in-time-Prozesse in der Produktion von heute auf morgen anzupassen. Dabei sei mit Störungen und Verzögerun­gen zu rechnen.

Dringenden Handlungsb­edarf sieht der BDI bei Chemikalie­n. Diese könnten ohne Zulassung nicht genutzt werden. Insbesonde­re für die mehr als 1000 Stoffe, die bisher ausschließ­lich in Großbritan­nien registrier­t wurden, müssten Firmen sicherstel­len, dass eine EU-Genehmigun­g vorliege. „Sonst dürfen Unternehme­n die Produkte, die diese Stoffe enthalten, nicht mehr herstellen. Dies betrifft alle Industrieb­ranchen.“

Der geplante Austritt Großbritan­niens aus der EU habe bereits Schäden für die deutsche Volkswirts­chaft hinterlass­en, sagte Lang. Die Exporte ins Vereinigte Königreich seien gesunken. Gut eine halbe Million Jobs in Deutschlan­d seien direkt und indirekt mit dem Export nach Großbritan­nien verbunden. In vielen Firmen werde es Probleme mit Produktion und Beschäftig­ung geben. „Egal wie es ausgeht: Es wird keine Gewinner geben.“

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