Gränzbote

Schächten ist nicht Bio

Schlachtme­thode erfüllt laut Europäisch­em Gerichtsho­f hohe Tierschutz­standards nicht

- Wolfgang Mulke

BERLIN - Der Europäisch­e Gerichtsho­f hat Tierschütz­er am Dienstag bestätigt. Wer Tiere ohne Betäubung schlachtet, darf kein Oko-Siegel tragen. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten auf einen Blick.

Was hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) genau entschiede­n?

Wenn Tiere ohne Betäubung geschlacht­et werden, dürfen sie beim Verkauf des Fleisches nicht mehr mit dem Bio-Siegel angeboten werden. Das gilt auch, wenn Schafe oder Ziegen von einem Ökohof stammen. Damit entschied der EuGH die Klage einer französisc­hen Tierschutz­organisati­on zu deren Gunsten.

Wie kam es zu dem Urteil?

Der Tierschutz­verband ging gegen die Anbieter von Hackfleisc­h vor, das auf der Packung als „halal“bezeichnet wurde und mit dem europäisch­en Bio-Siegel gekennzeic­hnet war. Das französisc­he Verwaltung­sgericht legte den Fall dem höchsten Gericht in Luxemburg vor, da hier EU-Recht im Vordergrun­d steht. Knifflig war die Frage für die Richter, weil die Regeln für das Bio-Siegel keine Vorgaben hinsichtli­ch einer Betäubung von Tieren vor der Schlachtun­g beinhalten.

Was bedeutet halal eigentlich?

Die Bezeichnun­g „halal“entspringt der arabischen Sprache. Das Wort bedeutet nur, dass etwas für Muslime erlaubt ist. Beim Fleisch ist Schwein zum Beispiel religiös verpönt. Ein Schnitzel ist also nicht halal. Aber auch manche chemische Stoffe sind verboten. Das spielt zum Beispiel bei Kosmetika eine Rolle, wenn sie den religiösen Vorgaben entspreche­n sollen. Mit bio hat halal also erst einmal nichts zu tun.

Welche Rolle spielt bei „Halal“die Schlachtun­g?

Beim Fleisch bedeutet der Aufdruck halal nicht zwangsläuf­ig, dass das Tier ohne Betäubung getötet wurde. „Viele Muslime akzeptiere­n bereits eine elektrisch­e Betäubung vor der Entblutung nach dem jeweiligen aktuellen Stand wissenscha­ftlicher Forschung“, erläutert der Verband, „was eine deutliche Verbesseru­ng im Sinne des Tierschutz­es darstellt.“

Argumentie­rt der EuGH mit dem Tierwohl?

Die Richter wählten als Begründung für das Label-Verbot den Umweg der Interpreta­tion des europäisch­en Rechts. Der Unionsgese­tzgeber betone in den betreffend­en Verordnung­en mehrfach seine Absicht, das Tierwohl weiter zu verbessern, so das Gericht. Die Öko-Produktion sei an allen Orten und in allen Stadien an strengere Tierschutz­normen gebunden als die konvention­elle Landwirtsc­haft. Forscher hätten nachgewies­en, dass Betäubung vor dem Schlachten das Tierwohl am wenigsten vermindert. Damit widersprac­h die Spruchkamm­er der Auffassung des EuGH-Gutachters, was selten vorkommt.

Warum ist Schächten dann überhaupt erlaubt?

Beim Schächten werden die Tiere ohne Betäubung mittels Messerschn­itt durch die Kehle getötet. „Die Tiere durchleide­n einen Todeskampf, der Minuten andauern kann“, kritisiert der Tierschutz­bund. Sie erlitten durch diese spezielle Form der Schlachtun­g „höllischen Schmerzen, Atemnot und Todesangst bis sie schließlic­h verbluten“. Ohne Genehmigun­g ist das Schächten verboten. Laut EuGH wird diese Erlaubnis in der EU nur ausnahmswe­ise erteilt, um die Religionsf­reiheit sicherzust­ellen. Eine Pflicht zum betäubungs­losen Töten gibt es im Islam nicht generell. Schächten ohne Genehmigun­g wird streng betraft. Den Schlächter­n droht ein Bußgeld von bis zu 25 000 Euro oder sogar eine Haftstrafe.

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