Schächten ist nicht Bio
Schlachtmethode erfüllt laut Europäischem Gerichtshof hohe Tierschutzstandards nicht
BERLIN - Der Europäische Gerichtshof hat Tierschützer am Dienstag bestätigt. Wer Tiere ohne Betäubung schlachtet, darf kein Oko-Siegel tragen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick.
Was hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) genau entschieden?
Wenn Tiere ohne Betäubung geschlachtet werden, dürfen sie beim Verkauf des Fleisches nicht mehr mit dem Bio-Siegel angeboten werden. Das gilt auch, wenn Schafe oder Ziegen von einem Ökohof stammen. Damit entschied der EuGH die Klage einer französischen Tierschutzorganisation zu deren Gunsten.
Wie kam es zu dem Urteil?
Der Tierschutzverband ging gegen die Anbieter von Hackfleisch vor, das auf der Packung als „halal“bezeichnet wurde und mit dem europäischen Bio-Siegel gekennzeichnet war. Das französische Verwaltungsgericht legte den Fall dem höchsten Gericht in Luxemburg vor, da hier EU-Recht im Vordergrund steht. Knifflig war die Frage für die Richter, weil die Regeln für das Bio-Siegel keine Vorgaben hinsichtlich einer Betäubung von Tieren vor der Schlachtung beinhalten.
Was bedeutet halal eigentlich?
Die Bezeichnung „halal“entspringt der arabischen Sprache. Das Wort bedeutet nur, dass etwas für Muslime erlaubt ist. Beim Fleisch ist Schwein zum Beispiel religiös verpönt. Ein Schnitzel ist also nicht halal. Aber auch manche chemische Stoffe sind verboten. Das spielt zum Beispiel bei Kosmetika eine Rolle, wenn sie den religiösen Vorgaben entsprechen sollen. Mit bio hat halal also erst einmal nichts zu tun.
Welche Rolle spielt bei „Halal“die Schlachtung?
Beim Fleisch bedeutet der Aufdruck halal nicht zwangsläufig, dass das Tier ohne Betäubung getötet wurde. „Viele Muslime akzeptieren bereits eine elektrische Betäubung vor der Entblutung nach dem jeweiligen aktuellen Stand wissenschaftlicher Forschung“, erläutert der Verband, „was eine deutliche Verbesserung im Sinne des Tierschutzes darstellt.“
Argumentiert der EuGH mit dem Tierwohl?
Die Richter wählten als Begründung für das Label-Verbot den Umweg der Interpretation des europäischen Rechts. Der Unionsgesetzgeber betone in den betreffenden Verordnungen mehrfach seine Absicht, das Tierwohl weiter zu verbessern, so das Gericht. Die Öko-Produktion sei an allen Orten und in allen Stadien an strengere Tierschutznormen gebunden als die konventionelle Landwirtschaft. Forscher hätten nachgewiesen, dass Betäubung vor dem Schlachten das Tierwohl am wenigsten vermindert. Damit widersprach die Spruchkammer der Auffassung des EuGH-Gutachters, was selten vorkommt.
Warum ist Schächten dann überhaupt erlaubt?
Beim Schächten werden die Tiere ohne Betäubung mittels Messerschnitt durch die Kehle getötet. „Die Tiere durchleiden einen Todeskampf, der Minuten andauern kann“, kritisiert der Tierschutzbund. Sie erlitten durch diese spezielle Form der Schlachtung „höllischen Schmerzen, Atemnot und Todesangst bis sie schließlich verbluten“. Ohne Genehmigung ist das Schächten verboten. Laut EuGH wird diese Erlaubnis in der EU nur ausnahmsweise erteilt, um die Religionsfreiheit sicherzustellen. Eine Pflicht zum betäubungslosen Töten gibt es im Islam nicht generell. Schächten ohne Genehmigung wird streng betraft. Den Schlächtern droht ein Bußgeld von bis zu 25 000 Euro oder sogar eine Haftstrafe.