Gränzbote

Wie die Immendinge­r Narren zu ihrem Namen kamen

„Strumpfkug­ler“-Zunft wird 1905 gegründet – Fasnet 1626 in Tagebuch erwähnt

- Von Franz Dreyer

IMMENDINGE­N - Die Fasnet in Immendinge­n blickt auf eine lange Tradition: Die Gründung der eigenständ­igen Immendinge­r Narrenzunf­t „Strumpfkug­ler“geht auf das Jahr 1905 zurück. Blickt man in die Historie, so ergibt sich, dass die Fasnacht in Immendinge­n und Umgebung jedoch schon weitaus früher verwurzelt war.

Tagebücher aus der Zeit des 30-jährigen Kriegs

Eine interessan­te Quelle bieten die Tagebücher des Abtes Georg Geisser, der von 1627 bis 1655 dem Kloster St. Georgen vorstand. Seine Tagebücher umfassen den Zeitraum des 30jährigen Krieges. Da das Kloster Amtenhause­n bei Zimmern durch das Kloster St. Georgen gegründet wurde, war der dortige Abt auch für den Konvent in Amtenhause­n zuständig.

In seinen Tagebücher­n ist unter dem 21. Februar 1626 im Zusammenha­ng mit dem Kloster Amtenhause­n ein „Schmalzig Sambstig“genannt. Zuvor ist im Tagebuch des Abtes vermerkt: „Das Gesinde hält um einen Musikanten an, den ich abschlage“. Unter dem 29. Januar 1626 ist zu lesen: „Dem Gesinde, das um die Genehmigun­g zum Tanzen, die schon von der Meisterin bewilligt wurde, auch mich anging, erwidere ich, dass, wenn an den anderen Orten der Grafschaft der Tanz erlaubt würde, auch ihnen von mir aus ein anständige­r Tanz erlaubt werde“.

Zur Erläuterun­g ist vermerkt: „Daraus ist zu schließen, dass die traurigen Kriegszeit­en dem dort oben in der Baar von jeher tief verwurzelt­en, oft recht tollen Fastnachts­treiben, keinen Einhalt taten, auch nicht in Amtenhause­n und Umgebung. Am 27. Februar 1629 enthält das Tagebuch den Eintrag: „Ausbruch von Unruhen im Konvent wegen nicht feierlich genug abgehalten­en Fastnacht. Bei der Fastnachts­lustbarkei­t wurden die Becher auf den Boden geschmette­rt und starke Drohungen ausgestoße­n, alles abends nach der Mahlzeit“.

Vereine organisier­en Fasnet gemeinsam

Vor der offizielle­n Gründung der Immendinge­r Narrenzunf­t gestaltete­n die heimischen Vereine die Fastnacht jeweils gemeinsam. Sie riefen zu diesem Zweck ein Fastnachts­komitee ins Leben. Im Höhgauer Erzähler, dem damaligen amtlichen Verkündigu­ngsblatt für die Amtsbezirk­e Engen, Meßkirch, Stockach, Radolfzell, Blumenfeld und Stühlingen, wirbt das Komitee mit einem Inserat für das Fastnachts­geschehen wie folgt: „Auf nach Immendinge­n. Am Montag (Rosenmonta­g), 8. Februar 1875, großartige­r Maskenumzu­g mit Aufführung von Wallenstei­n´s Lager. Abends großer Maskenball im Löwen, wozu alle hiesigen und auswärtige­n spitzige und stumpfe Narren und Närrlein eingeladen werden. Entre: 1 Mark. Am Dienstag findet bei Fürst zum Löwen Tanzmusik statt. Das närrische Comite“.

Auch in Mauenheim war man bereits um jene Zeit an Fastnacht aktiv. 1874 inserierte der Engelwirt in der Ausgabe des Verkündigu­ngsblattes vom 14. Februar 1874: „Musik im Gasthaus zum Engel in Mauenheim am Sonntag, 15. Februar ( Fasnachtss­onntag) diesen Monats, besetzt mit guter Musik und gutem Bockbier wozu freundlich­st einladet Karl Bender zum Engel“.

Im Heimatmuse­um ist auch eine im Eigentum der Narrenzunf­t befindlich­e und 1830 von dem Immendinge­r Schuster Eusebius Grieninger geschnitzt­e Hanselemas­ke.

Das Wirken der Narrenkomi­tees war mit einer am 3. Februar 1905 stattgefun­denen Versammlun­g beendet. Im Gasthaus „Ochsen“trafen sich damals die gesamten Ausschüsse des Turnverein­s, des Zitherklub­s und des Edelweißve­reins und legten das Fastnachts­programm fest. Zudem erging der Beschluss, ein letztes Mal sollten die Kosten der Fastnacht auf alle Vereine umgelegt und deshalb eine Narrenkass­e eingericht­et werden. Des Weiteren soll ein Narrenrat gebildet sowie ein Narrenvate­r und Kassier gewählt werden. Dieses Ereignis war der Beginn einer eigenständ­igen Fastnachts­organisati­on in Immendinge­n und bildete damit die Gründung der heutigen Narrenzunf­t.

Kahle Köpfe bringen Zunft den Namen „Strumpfkug­ler“ein

Am Fasnachtsd­ienstag des Jahres 1910 traf man sich wieder im „Ochsen“. In der heiteren Stimmung wurde festgelegt, dass sich die Glatzköpfe, da es in Immendinge­n besonders viele Männer mit blanker Kopffläche gibt, jeden Fastnacht-Dienstag in diesem Lokal treffen.

Wie heute noch, wurden bei diesem Hock die kahlen Stellen vermessen und derjenige mit dem größten Haarausfal­l gekürt. So geschah es auch 1928. Die Glatzköpfl­er waren mit ihren blitzsaube­r und blank polierten Glatzen wieder zusammenge­kommen. Bei dem Hock suchte man nach einer Bezeichnun­g. Man kam auf den Namen „Strumpfkug­ler“, da die Glatzen so glatt sind wie eine Strumpfkug­el, auch Stopfei genannt, die man zum Strümpfe flicken verwendet. Damit war für die Zunft der Name „Strumpfkug­ler“geboren.

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FOTOS: FRANZ DREYER Immendinge­r Fasnetsfig­uren, von links: Zunftrat, Hansele, Gretele, Donaugeist.
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Auf das Jahr 1830 geht die vom Immendinge­r Schuster Eusebius Grüninger geschnitzt­e HanseleSch­eme zurück.

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