Zahl der Hilfesuchenden steigt
Verein Phönix kümmert sich um Opfer sexueller Gewalt.
TUTTLINGEN - Die Zahl der Hilfesuchenden, die sich an den Verein Phönix – gemeinsam gegen sexuellen Missbrauch wenden, steigt: Ende Juli lagen die Fallzahlen für 2019 bereits so hoch, wie im gesamten Jahr 2018. Aus dem Vorstand schieden zudem drei Mitglieder aus, vier neue wurden begrüßt.
Woran es liegt, dass seit Jahresbeginn mehr Menschen als sonst Hilfe und Beratung bei Phönix gesucht haben, kann Vorsitzende Sandra Kienzle-D’Ernesto nicht sagen. Bis Ende Juli waren es 52 Personen, die sich an Phönix gewandt hatten, im Jahr 2018 waren es insgesamt 49 Fälle gewesen. „In diesem Jahr haben wir auf jeden Fall überwiegend akute Fälle“, sagt sie. Das heißt: Menschen, die in den vergangenen Monaten sexuell missbraucht worden sind – häufig sind die Opfer Jugendliche, wie Kienzle-D’Ernesto sagt. Die Täter stammen meistens aus dem häuslichen Umfeld, nur selten sind es Fremde.
Nicht einmal die Hälfte der Opfer möchte jedoch, dass der Täter strafrechtlich verfolgt wird. „Die Opfer sind oftmals emotional gebunden“, berichtet Kienzle-D’Ernesto, „nicht jedes Opfer will oder kann den Täter konfrontieren“. In diesen Fällen gehe es anfangs vor allem darum, die Betroffenen zu stärken und zu stabilisieren – und letztendlich mit ihnen zu erarbeiten, wie sie sich besser vor Übergriffen schützen und bestimmten Situationen entgehen können.
Menschen müssen Erlebnisse noch Jahre später verarbeiten
Immer fordern auch Menschen Hilfe an, die bereits vor vielen Jahren missbraucht wurden. „Es kommt regelmäßig vor, dass Erwachsene zu uns kommen, die als Kind sexuell missbraucht wurden“, erzählt die Vorsitzende. Auch hier geht es darum, wie Menschen diese Erlebnisse auch noch nach vielen Jahren für sich verarbeiten können. Wie lange die Betroffenen jeweils in Kontakt mit Phönix stehen, ist individuell ganz verschieden, erzählt KienzleD’Ernesto. Da die Arbeit des Vereins nicht weniger wird, wird künftig eine dritte Kraft mit einer 20 ProzentStelle fest eingestellt. Neben den ehrenamtlich Tätigen arbeiten bislang zwei Halbtageskräfte fest mit. Gesichert sind derzeit die Finanzen des Vereins. „In den vergangenen zwei Jahren war das Spendenaufkommen zum Glück sehr stabil“, sagt die Vorsitzende. Wie angewiesen Phönix auf Spenden ist, belegt sie anhand von Zahlen: Die jährlichen Ausgaben liegen bei rund 100000 Euro, als feste Einnahme kann der Verein mit 40000 Euro vom Landkreis rechnen.
Bei der jüngst abgehaltenen Jahreshauptversammlung wurden drei Vorstandsmitglieder verabschiedet. Darunter Heide Haffa-Neef, die vor 20 Jahren bereits Gründungsmitglied war und zuletzt als Schriftführerin fungierte. Aus familiären Gründen hörte Christine Pauli nach zwölf Jahren im Vorstand auf. Auch Marion Schlosser schied nach zweijähriger Vorstandstätigkeit aus. Den Posten der Schriftführerin übernahm Katja Klein, die bislang Beisitzerin war. Umso erfreulicher für den Verein, dass gleich vier neue Personen nachrückten: Brigitte Schwarz, Michael Hanke, Patricia Petrova und Edeltraud Fischer lenken ab sofort die Geschicke von Phönix mit. Sie sind auch dabei, wenn der Verein im Oktober sein 20-jähriges Bestehen feiert. Mit Mitgliedern, Sponsoren und sonstigen Phönix-Nahestehenden werde es ein kleines Fest geben, blickte Sandra Kienzle-D’Ernesto voraus.