Gränzbote

„Aus der Tiefe des Raumes“, Kapitel zwei

Kai Havertz soll im DFB-Team irgendwann einen großen Spielmache­r beerben

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DORTMUND (dpa/SID) - DFB-Shootingst­ar! EM-Hoffnungst­räger! Nationalma­nnschaftsj­uwel! Wenn in diesen Tagen von oder mit Kai Havertz gesprochen wird, geht es immer auch um die hoffnungsv­olle Zukunft des 20 Jahre alten Fußballers. Als wohl talentiert­ester deutscher Spieler gilt der Spielmache­r von Bayer Leverkusen schon seit ein paar Jahren. Dass im kommenden Sommer ein absoluter Spitzenver­ein mehr als 100 Millionen Euro Ablöse ausgeben dürfte, gilt beinahe als ausgemacht.

Spätestens seit seinem ersten Treffer für die Nationalma­nnschaft – Havertz erzielte beim 2:2 gegen Argentinie­n das Tor zum 2:0 – könnte er sich auch im DFB-Team langsam als nahezu gesetzt sehen. Am Sonntag in der EM-Qualifikat­ion in Estland (20.45/RTL) wird er jedenfalls wohl wieder von Beginn an spielen. „Kai ist immer relativ nah an unserer Startelf dran“, sagte Bundestrai­ner Joachim Löw nach dem Remis gegen die Gauchos, „er kann in jedem Spiel in der Startelf stehen, diese Qualität hat er mittlerwei­le.“Der Treffer im Signal Iduna Park sei „ein typischer Havertz“gewesen, sagte Löw der „Bild“: „Aus der Tiefe des Raumes auf technisch hohem Niveau verarbeite­t. Das war schon klasse.“

„Ich stelle gar keine Ansprüche“

Aus der Tiefe des Raumes? Bei einer solchen Formulieru­ng hören Fußballfre­unde hierzuland­e automatisc­h auf, mit Günter Netzer wird man auch nicht alle Tage verglichen. Und wie der geniale Regisseur der Gladbacher Fohlen in den 1970ern ist auch Havertz eher schlaksig. Doch sein Spiel ist weit dynamische­r und schneller. Beerben soll Havertz in der Nationalma­nnschaft eines Tages einen anderen großen deutschen Spielmache­r: Toni Kroos. „Ich stelle gar keine Ansprüche. Das ist noch zu früh für mich“, sagt der Leverkusen­er jedoch: „Ich will so viel wie möglich spielen, setze mich aber nicht unter Druck – vor allem nicht auf der Position, wo Toni Kroos spielt.“

Rio-Weltmeiste­r Kroos (29) hat die DFB-Elf im zentralen Mittelfeld über fast ein Jahrzehnt lang geprägt, ist der letzte verblieben­e Feldspiele­r aus der Startelf im WM-Finale 2014. Für Joachim Löw, das betonte der Bundestrai­ner in diesem Jahr, ist der Star von Real Madrid nach wie vor „unverzicht­bar“. Kroos’ Ballbehand­lung und Übersicht seien „überragend“. Das aber sagt man auch Havertz nach.

„Dass Kai unser Toptalent ist, steht außer Frage, das weiß auch Jogi Löw“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff am Freitag. Löw gehe es darum, den 20-Jährigen vorsichtig aufzubauen. Für Leverkusen hatte Havertz schon vor seiner DFB-Premiere 2018 mehr als 50 Bundesliga-Partien bestritten. „Bei ihm geht es uns auch darum, ihn behutsam aufzubauen und zu integriere­n. Aber klar ist: Er kann für die Nationalma­nnschaft ein prägender Spieler sein. Für ihn

finden wir einen Platz, auf jeden Fall“, erklärte der Bundestrai­ner. Welchen Platz das auf Dauer sein könnte, das ist auch vor Havertz’ siebtem Länderspie­l am Sonntag in Tallinn noch nicht klar. Kroos spielt ja noch.

In Tallinn möchte Havertz bei Löw weiter für sich werben. Er würde auch „nicht viele Ansprüche stellen“, was seine Position betrifft: „Da ist es mir relativ egal, ob ich ein bisschen defensiver oder offensiver spiele. Im Endeffekt“, weiß er, „zählen die Taten auf dem Platz. Ich weiß genau, wie das Business ist: An einem Tag bist du der Held, am anderen Tag ist wieder der Druck zu hoch.“

„Für ihn finden wir einen Platz, auf jeden Fall.“Bundestrai­ner Joachim Löw.

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FOTO: AFP Eleganter Spielmache­r: Kai Havertz.

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