Gränzbote

Europa verurteilt Erdogans Offensive

Gemeinsame Erklärung der EU-Außenminis­ter, aber kein generelles Waffenemba­rgo

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Als „sehr klar“beschrieb Außenminis­ter Heiko Maas am Montag die Haltung der EU bei einem Treffen der europäisch­en Ministerko­llegen in Luxemburg. „Wir wollen, dass der türkische Militärein­satz in Nordostsyr­ien beendet wird – und zwar umgehend.“In einer gemeinsame­n Erklärung benennen die 28 EU-Staaten die Folgen der türkischen Offensive deutlich: Eine neue Flüchtling­swelle und ein mögliches Wiedererst­arken des IS, was die Sicherheit Europas ebenso bedrohe wie die der Türkei.

Damit aber endet die Einigkeit. Gelobt wird die Entscheidu­ng „einiger Mitgliedss­taaten“, darunter Deutschlan­ds, keine Waffen mehr in die Türkei zu exportiere­n. Italien schloss sich der Entscheidu­ng am Montag an, auch Spanien signalisie­rte, seine Exporte stoppen zu wollen. Vor einem von der gesamten EU verhängten Waffenemba­rgo schreckten aber einige EU-Staaten zurück. In militärisc­hes Handeln in der Region will die EU keinesfall­s eingreifen. Stattdesse­n appelliert sie an den UNSicherhe­itsrat, die Türkei zu stoppen. Die internatio­nale Koalition gegen den IS müsse dringend auf Ministereb­ene zusammenko­mmen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Zur Rolle der kurdischen YPG schweigt sich die Erklärung aus, obwohl deren Kämpfer bislang von der EU als Garant dafür gesehen wurden, dass der IS seinen Einfluss in der Region nicht wieder ausbauen kann. Die vorsichtig­en Formulieru­ngen sollen wohl verhindern, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Drohung wahr macht und den Fluchtweg über die Ägäis weiter öffnet. Schon jetzt kommen deutlich mehr Menschen auf den griechisch­en Inseln an als im Vorjahr. Der türkische Präsident weiß, dass er damit einen Hebel in der Hand hat, um die Stimmung in der EU zu seinen Gunsten zu beeinfluss­en.

Kein anderes Thema birgt so viel Sprengstof­f für die Einigkeit der Union wie die Flüchtling­spolitik. Kommen wieder mehr Schutzsuch­ende an, bricht die Diskussion über deren Verteilung erneut auf. Hinzu kommt, dass sich Europa im Umbruch befindet: Die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit holpert. Die JunckerKom­mission packt gerade ihre Koffer. Und Ursula von der Leyens Team wird erst handlungsf­ähig sein, wenn der Streit über einige Kommissars­posten vom Tisch ist.

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