„Einfach da sein – für sich und andere“
Paul Kopp und Marie Baier-Kopp scheinen eine Formel für das Glück gefunden zu haben
SPAICHINGEN - Es gibt Interviews, die lassen einen Reporter fast beschämt zurück. Weil trotz widriger äusserer Umstände eine Zufriedenheit spürbar wird, die nicht nur glaubhaft ist, sondern im Laufe des Gesprächs regelrecht ansteckend wirkt. Doch der Reihe nach.
Die Eheleute Kopp (er ein Schramberger, sie aus Tennenbronn) haben 1986 in jeweils zweiter Ehe zu einem neuen, gemeinsamen Glück gefunden, das mittlerweile sechs Kinder und sechszehn Enkel zählt. „Lebenselixir pur“, wie Maria Baier-Kopp meint.
Paul Kopp, gelernter Kaufmann, war bis zu seinem Ruhestand 1998 stellvertretender Marktleiter der Prohoga in Schwenningen. Die bekanntlich von dem Spaichinger Wilhelm Pronet gegründet wurde, der aus dem einstigen Lebensmittelhandelshaus Storz stammt, dort an der Ecke HauptstraßeDreifaltigkeitsstraße. In diesem stattlichen Gebäudekomplex, wo später in der Tanzschule Herzig ganze Primtal-Generationen die ersten Schritte auf dem Tanzparkett erlernt haben, war im obersten Stock eine Dachterrassenwohnung untergebracht, welche die Kopps bis 2016 bewohnt haben. Ein Pflanzenparadies, dank einem „grünen Daumen“von ihr und einem beachtlichen handwerklichen Geschick von ihm.
So etwas gibt man nur in der Not auf. In diesem Fall der Atemnot. Denn die 58 Stufen nach oben waren für den ab 2005 infolge von Krebs und Schlaganfall an einer „chronischen obstruktiven Lungenerkrankung“(abgekürzt COPD) leidenden Paul Kopp irgendwann nicht mehr zu schaffen. Der 2012 an die Sauerstoffflasche kam (80 Liter pro Woche) und der heute nur noch auf eine Lungenleistung von 30% kommt. In der Lungenfachklinik in St. Blasien wurde er 2014 „austherapiert“entlassen. Ein Jahr später stand sein Leben auf der Kippe. Zehn „Coils“-Implantate in der Thorax-Klinik Heidelberg und eine vom hiesigen Dr. Dapp mutig verdoppelte Medikamenten-Dosis haben ihm seinerzeit
Ohne Rentner läuft nichts
Paul Kopp und Marie Baier-Kopp das Leben gerettet. Und nochmals zehn „Coils“, implantiert von Dr. Bremer, einer Kapazität am Krankenhaus in Donau-eschingen, haben den Weg für die „Zugabe“geebnet, die bis zum heutigen Tage andauert.
Der Aktionsradius, mit Schläuchen gefesselt an die Sauerstoffflaschen, ergänzt um ein dreimal tägliches Lungen-Inhalieren und regelmässig überwacht von einem „Oxymeter“(eine Sauerstoffanzeige) am Zeigefinger, läßt seither keine großen Sprünge mehr zu. Doch an dieser Stelle kommt seine Frau, eine gelernte Arzthelferin, ins Spiel. Die seitdem auf Teilzeitbasis reduziert hat und ihrem Mann die gute und liebevolle Pflege zukommen läßt, die bis heute allen Schüben dieser Lungenkrankheit trotzt.
Umso bemerkenswerter die Lebensfreude dieses Gespanns, das erkennbar aus der Kraft des Glaubens schöpft und himmelweit davon entfernt ist, mit dem Herrgott bzw. dem Schicksal zu hadern.
Dieses positive Denken tragen beide auch in das Altersheim und in die Tagespflege hinein. Paul Kopp hat nach seinem Ruhestand jahrelang das „Essen auf Rädern“organisiert. Und das bei den Gästen beliebte Hauscafé im Altersheim betreut, das es zwischenzeitlich nicht mehr gibt. Beim gemeinsamen Singen an jedem zweiten Dienstag („wo selbst Demenzkranke oft noch alle Strophen eines Volkslieds drauf haben“) ist er bis heute mit von der Partie. Ebenso immer donnerstags in der Heiligen Messe im Altersheim.
Paul Kopp war elf Jahre lang im Elferrat seiner Heimatstadt Schramberg. Dem „Bachnafahrer“sitzt der Schalk noch heute im Nacken und er verfügt laut seiner Frau über die wunderbare Gabe, selbst dem betrübtesten Gegenüber noch ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. „
„Man muss immer noch Ziele haben“, so Kopp. Dazu zählen für ihn aktuell sein 85ter, der am 9. November in der „Blume“in Hausen o:V. gefeiert wird. Und die Großfamilienfeier am traditionellen Stefanstag, einem Stelldichein
Maria Baier-Kopp war jüngst erstmals zehn Tage weg und hat sich mit einem Urlaub auf Rügen einen alten Lebenstraum erfüllt. „Und Energien, den Akku aufgetankt“. Derweil war ihr Mann in der Kurzzeitpflege untergebracht und hat danach „ den Engeln vom Wohnbereich 3“ein Dankeskärtchen geschrieben, das seine Frau zu Tränen gerührt hat. Solche kostbaren kleinen Dankbarkeiten im Alltag scheinen im Altersheim noch häufiger anzutreffen zu sein als „draußen auf der freien Wildbahn“, wo man sich das oft abgewöhnt zu haben scheint. Sei es, dass für ein leckeres Essen gedankt wird, für ein gutes Wort oder eine zärtliche Geste. „Einfach da sein - für sich und andere“, so lässt sich die Glücksformel der beiden auf einen Nenner bringen. Und noch ein kleiner Tipp der Kopps für hartnäckige Schatzsucher: „Das Glück kommt, sobald man aufhört, danach zu suchen“. dreier Generationen.