Ab in die Antarktis
Cate Blanchett überzeugt als schräge „Bernadette“
Bernadette Fox hat sich ans Ende der Welt abgesetzt. Mit riesiger Sonnenbrille paddelt die Amerikanerin in einem Kajak zwischen Eisschollen in der Antarktis. Etwas stimmt hier nicht, das merkt man der Drama-Komödie „Bernadette“sofort an. „Wo steckst du, Bernadette?“heißt die Bestsellervorlage, die „Boyhood“-Regisseur Richard Linklater hier auf die Leinwand bringt. Das wollen auch Bernadettes Ehemann Elgie (Billy Crudup) und die Teenager-Tochter Bee gerne wissen. Der US-Kultregisseur setzt in seinem Film ganz auf die australische Schauspielerin Cate Blanchett und damit erstmals auf eine weibliche Hauptfigur.
Die zweifache Oscarpreisträgerin („Blue Jasmine“, „Aviator“) glänzt als die titelgebende Bernadette, die auf den ersten Blick alles im Leben hat: Tochter Bee ist smart und hängt an ihrer Mutter. Ehemann Elgie ist liebevoll, zudem erfolgreicher Alleinverdiener in der Tech-Branche. Ihr Zuhause ist eine heckenumrankte, riesige, alte Villa an der Westküste in Seattle.
Doch Bernadette fällt in ihrem gut situierten Umfeld erfrischend andersartig, aber auch nervend aus der Reihe. Ihr ungeschminktes Gesicht versteckt sie hinter der Sonnenbrille. Den Müttern von Bees Mitschülerinnen zeigt sie die kalte Schulter, mit ihrer pingeligen Nachbarin Audrey (Kristen Wiig) fetzt sie sich ständig. Die täglichen Geschäfte überlässt die frustrierte Hausfrau einem virtuellen Assistenten, wegen Platzangst geht sie nicht gerne aus dem Haus.
In Rückblenden erfährt man nach und nach mehr über die einst gefeierte Star-Architektin, die nach einer beruflichen Pleite das Handtuch warf. Mit Witz und Herz schafft Blanchett die schwierige Gratwanderung, dass man Bernadette trotz ihrer vielen Macken mag – auch, als sie sich ins Abenteuer stürzt, um sich selbst wiederzuentdecken. Doch es sind vor allem die ruhigeren Momente in der Gedankenwelt der schrägen Heldin und ihre hintersinnigen Dialoge, mit denen „Bernadette“fesselt. (dpa)