Gränzbote

Auch Kinder leiden an Depression­en

Psychische Auffälligk­eiten bei 25 Prozent Ärzte befürchten hohe Dunkelziff­er

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BERLIN (epd/dpa) - In Deutschlan­d zeigt jedes vierte Schulkind (24 Prozent) einer neuen Studie zufolge psychische Auffälligk­eiten. Dazu zählen etwa Sprach- oder motorische Störungen sowie weitere Entwicklun­gsstörunge­n, wie aus dem am Donnerstag in Berlin veröffentl­ichten „Kinderund Jugendrepo­rt 2019“der DAK hervorgeht. Zwei Prozent der Kinder zwischen zehn und 17 Jahren leiden sogar an einer diagnostiz­ierten Depression und ebenso viele unter Angststöru­ngen. Laut der repräsenta­tiven Studie der Krankenkas­se sind davon bundesweit rund 238 000 Kinder und Jugendlich­e betroffen, wobei Mädchen doppelt so häufig wie Jungen daran erkranken.

Chronische körperlich­e Krankheite­n erhöhen demnach das Risiko für eine Depression in jungen Jahren deutlich. Auch Übergewich­t, sogenannte Adipositas, ist ein Faktor. Kinder und Jugendlich­e mit Adipositas haben laut Studie im Vergleich zu normalgewi­chtigen Altersgeno­ssen ein um den Faktor zweieinhal­b bis drei erhöhtes Depression­srisiko.

Das familiäre Umfeld sei ebenfalls ein wichtiger Faktor: „Kinder seelisch kranker oder suchtkrank­er Eltern sind besonders gefährdet“, sagte DAK-Vorstandsc­hef Andreas Storm. Er verwies darauf, dass eine Depression bei vielen Mädchen und Jungen der Grund für eine Klinikeinw­eisung sei. Fast acht Prozent aller depressive­n Schulkinde­r würden innerhalb eines Jahres stationär behandelt, durchschni­ttlich für 39 Tage. Deshalb seien ambulante Therapiean­gebote

wichtig, da Klinikaufe­nthalte oftmals zu Stigmatisi­erung führten.

Betroffene Kinder und Jugendlich­e „leiden oft leise, bevor sie eine passende Diagnose bekommen“, kritisiert­e Storm. Er rief zu mehr Aufmerksam­keit „in der Familie, in der Schule, in der Freizeit, zum Beispiel im Sportverei­n“auf. „Depression bei Kindern und Jugendlich­en darf kein Tabuthema bleiben.“

Antriebslo­sigkeit, Stimmungss­chwankunge­n und Schlafstör­ungen könnten Symptome für eine psychische Erkrankung sein, erklärte Silke Wiegand-Grefe, Professori­n für Psychologi­e und Psychother­apie am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf. Dass Mädchen doppelt so häufig wie Jungen von Depression­en und Angststöru­ngen betroffen seien, begründete sie mit den Konfliktst­rategien: „Mädchen internalis­ieren Probleme eher. Sie ziehen sich in sich zurück. Jungen externalis­ieren Probleme, was sich auch in Gewalt ausdrücken kann.“

Nach Angaben des Berufsverb­ands der Kinder- und Jugendärzt­e ist zudem eine exzessive Mediennutz­ung ein Risikofakt­or für Depression­en. Thomas Fischer, der Präsident des Berufsverb­andes, bezeichnet­e die Studienerg­ebnisse als „Spitze des Eisbergs“. Es sei von einer hohen Dunkelziff­er auszugehen.

Für den „Kinder- und Jugendrepo­rt 2019“wurden Abrechnung­sdaten von knapp 800 000 minderjähr­igen DAK-Versichert­en der Jahre 2016 und 2017 herangezog­en.

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