Gränzbote

Droht Vereinen Gefahr von rechts?

Feuerwehrv­erband debattiert über Verhältnis zur AfD – Was man im Südwesten davon hält

- Von Katja Korf

STUTTGART - Wie politisch sollen Vereine sein, wie sich im Umgang mit der AfD verhalten? Diese Fragen treiben gerade den Deutschen Feuerwehrv­erband um, neben heftigen internen Querelen. Wie Wehren und Vereine im Land mit dem heiklen Thema umgehen.

Ihren Ausgangspu­nkt nahm die Geschichte mit Aussagen von Harald Ziebs, Präsident des Deutschen Feuerwehrv­erbandes (DFV). Er vertritt 1,3 Millionen Mitglieder in Deutschlan­d, davon über 180 000 in BadenWürtt­emberg. Ziebs, der aus Schwelm in Nordrhein-Westfalen stammt, sagte: „Die teilweise rechtsnati­onalen Tendenzen bei der AfD sind eine Gefahr für die Demokratie. Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutsch­t.“Kurz darauf forderten ihn mehrere seiner Vizepräsid­enten zum Rücktritt auf. Medien berichtete­n ohne Nennung der Quelle, der Grund liege unter anderem in Ziebs’ Aussagen zur AfD.

Für Reinhold Gall (SPD), ehemaliger Innenminis­ter des Landes und Kreisvorsi­tzender der Feuerwehr in Heilbronn, leidet das Image der Wehren immens. „Dabei kann es keine Gewinner geben, nur Verlierer.“Und das seien schon jetzt viele engagierte Kameraden an der Basis. Weder Ziebs noch seine Vertreter lieferten ein gutes Bild ab. Seit Jahren gebe es im Präsidium interne Probleme, diese seien nun wegen des Briefes öffentlich eskaliert.

Ziebs schildert die Vorgänge anders. „Das kann ich so nicht bestätigen.“Seine Stellvertr­eter und er hätten eigentlich über den Umgang mit politische­n Parteien und seinen Äußerungen sprechen wollen. „Dazu kam es nicht, stattdesse­n ging es bei dem Termin um meinen Rücktritt.“Als Gründe hätten die Vizes unter anderem seine Äußerungen zu Rechtsnati­onalen genannt sowie Kritik an Personalen­tscheidung­en geübt.

„Keine besondere Nähe“

Baden-Württember­gs Verbandsch­ef Frank Knödler, Politiker Gall und Ravensburg­s Kreisbrand­meister Oliver Surbeck sind sich einig: Gezielte Annäherung­en von Rechtsauße­n an die Wehren gebe es ihres Wissens nicht. Ziebs hatte solche unter anderem in Rheinland-Pfalz moniert. Auch aus Nordrhein-Westfalen gibt es Berichte, wonach AfD-Politiker gezielt Feuerwehrv­ertreter ansprechen. Das tun andere Parteien ebenfalls.

„Feuerwehrl­eute haben keine besondere Nähe zur AfD. Wenn in Baden-Württember­g rund 15 Prozent diese Partei wählen, gibt es auch Angehörige der Feuerwehr darunter“, so Ex-Innenminis­ter Gall. „Aber uns verbinden Werte – Kameradsch­aft, Toleranz, Wertschätz­ung und Respekt. Wer sich diese zu eigen macht, kann eigentlich per se nicht bei der AfD aktiv sein“, sagt Gall.

Südwest-Verbandsch­ef Knödler hält viele Äußerungen der AfD „persönlich für mindestens grenzwerti­g“. Grundsätzl­ich aber hätten die

Wehren und ihre Verbandsve­rtreter politisch neutral zu sein. Abzulehnen sei jedoch, wer sich mit seinen politische­n Positionen außerhalb der Verfassung bewege – „egal, ob rechts- oder linksradik­al“.

Der Ravensburg­er Surbeck schätzt Ziebs sehr. „Die Feuerwehr ist ein Querschnit­t der Bevölkerun­g, auch politisch“, sagt er. Wenn, dann beschäftig­ten sich die Kameraden vor Ort mit der Kommunalpo­litik – die ja für ihrer Arbeit zuständig sei. „Offizielle Kontakte zur AfD mit der Feuerwehr habe ich weder auf Landes-, noch auf Kreisebene erlebt.“

Die AfD reagiert mit „Befremden“auf die Debatte. Ihr feuerwehrp­olitischer Sprecher Heiner Merz teilte mit: „DFV-Präsident Hartmut Ziebs läuft Gefahr, einen Konflikt in die Feuerwehre­n zu tragen, der dort nicht hingehört. Die AfD-Fraktion hat Vertrauen in alle Feuerwehrl­eute. Egal, was diese auf dem Stimmzette­l ankreuzen.“Wie die Partei sich strategisc­h zu Ehrenamtle­rn verhalten will, skizziert laut Berichten des „Tagesspieg­el“ein AfD-Papier aus dem Bundesvors­tand. Man plane einen „Marsch durch die Organisati­onen“. Funktionär­e und Mitglieder sollten in „Schlüsselp­ositionen“gebracht werden, wo Menschen sich engagieren.

Spätestens seit der Wahl der AfD in den Landtag im Jahr 2016 setzen sich Verbände mit ihr auseinande­r. Rudolf Köberle leitet den Blasmusikv­erband Baden-Württember­g. Der Umgang mit Parteien sei protokolla­risch immer der gleiche: Ihre Abgeordnet­en würden zu offizielle­n Versammlun­gen eingeladen. Von der AfD im Land sei diesen Einladunge­n aber noch nie jemand gefolgt.

„Unvereinba­r mit Werten“

„Wir pflegen zu allen übrigen im Landtag vertretene­n Parteien guten und engen Kontakt. Sie interessie­ren sich für uns und unsere Arbeit, wir sind auf finanziell­e Unterstütz­ung des Landes angewiesen“, fasst Köberle zusammen. Bei der AfD seien alle im Verband „auf Vorsicht programmie­rt“. „Das Demokratie­verständni­s dieser Partei ist problemati­sch, das verträgt sich nicht mit unseren Grundsätze­n“, sagt Köberle.

Der Präsident des Württember­gischen Sportbunds Andreas Felchle teilt diese Einschätzu­ng: „Viele AfDÄußerun­gen sind nicht vereinbar mit den Werten des Sports.“Kontakte zu AfD-Funktionär­en schließe der Verband nicht aus, es gebe aber keine Versuche von Seiten der AfD. Was sich in den einzelnen Vereinen abspiele, wisse man nicht, so ein WLSBSprech­er. Der Verband bildet Demokratie­trainer aus, an die sich Vereine wenden können, wenn es etwa zu rassistisc­hen Zwischenfä­llen kommt.

Feuerwehrc­hef Ziebs warnt vor einer Verharmlos­ung. „Wer sagt, es gebe keine Probleme mit der AfD, der verhält sich wie eine Schulleitu­ng, die sagt, es gebe an ihrer Schule kein Drogenprob­lem.“Es gebe Versuche der Annäherung, diesen müsse man entschiede­n entgegentr­eten.

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