Gränzbote

Thyssenkru­pp kommt nicht aus der Krise

Interimsch­efin Martina Merz kündigt harte Einschnitt­e an – 6000 Stellen sollen gestrichen werden

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - 304 Millionen Euro Verlust hat Thyssenkru­pp unter dem Strich im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr gemacht. Das ist eine verheerend­e Bilanz und nicht zuletzt der Grund dafür, dass die Geschäftsz­ahlen zum ersten Mal von Martina Merz, der neuen Chefin an der Spitze des Konzerns, vorgelegt wurden.

Der glücklose Guido Kerkhoff hatte seinen Hut nehmen müssen, weil er es nicht schaffte, den traditions­reichen Konzern aus der Krise zu führen. Dafür soll nun Interimsch­efin Martina Merz zumindest die Weichen stellen. Sie hat erst am 1. Oktober das Ruder übernommen – und es stehen harte Einschnitt­e bevor. Rund 6000 Stellen sollen weltweit bei Thyssenkru­pp wegfallen, davon allein rund 4000 in Deutschlan­d. In der Zentrale in Essen soll die Mitarbeite­rzahl von derzeit 800 fast halbiert werden. Im Bereich des Autozulief­ergeschäft­es soll es 640 Jobs treffen. Mit diesen Maßnahmen will

Merz, die vorher im Aufsichtsr­at saß, den Konzern wieder aus der Krise führen. „So wie bisher kann es nicht weitergehe­n“, sagte Merz am Donnerstag. In der Vergangenh­eit habe sich Thyssenkru­pp „durchgewur­schtelt“,

statt die Probleme konsequent und ernsthaft anzugehen. Was sie bisher im Konzern gesehen und gehört habe, sei ernüchtern­d. Merz deutete an, dass es möglicherw­eise nicht beim Streichen der geplanten 6000 Stellen bleiben werde.

Die Antwort der Arbeitnehm­ervertrete­r erfolgte prompt. „Für uns gilt, was in der mit dem Vorstand vereinbart­en Grundlagen­vereinbaru­ng steht – und das ist die Zahl von 6000 Arbeitsplä­tzen“, sagte Konzernbet­riebsratsc­hef Dirk Sievers. Der Vorstand könne nicht ständig neue Abbauzahle­n ausrufen. „Dass wir als Arbeitnehm­ervertrete­r nicht abstreiten, dass restruktur­iert werden muss, heißt noch lange nicht, dass hier freies Schießen ist.“

Für das laufende Jahr hat der Konzern nun einen dreistelli­gen Millionenb­etrag für die Restruktur­ierungen, also unter anderem den Abbau von Arbeitsplä­tzen, eingeplant. Bis zum ersten Quartal 2020 soll auch über die Zukunft der lukrativen Aufzug-Sparte bei Thyssenkru­pp eine

Entscheidu­ng getroffen sein. Zur Rede stehen entweder ein Verkauf oder der Gang an die Börse. Merz kündigte an, dass die Transaktio­n letztlich aber nicht zum Stopfen von Löchern genutzt werden soll, sondern für die Stärkung der Bilanz und für die Zukunftsfä­higkeit der Geschäfte.

An der Börse kamen die ernüchtern­den Aussichten und klaren Worte nicht gut an. Die Thyssenkru­ppAktien im MDax stürzten bis zum Abend zeitweise um rund 15 Prozent ab. Dazu beigetrage­n haben dürfte auch, dass die Dividende für die Aktionäre gestrichen wird. Bei Beobachter­n stieß das allerdings auch auf Verständni­s. „Es ist richtig und konsequent, die Dividende zu streichen“, sagte etwa der Experte von Union Investment, Michael Lüders. Auch der größte Einzelakti­onär von Thyssenkru­pp, die mit 21 Prozent beteiligte Krupp-Stiftung erklärte, dass sie den Dividenden­ausfall angesichts der schwierige­n Lage mittrage. Eine Null-Dividende dürfe sich in der Zukunft aber nicht verfestige­n.

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FOTO: IMAGO IMAGES Der Testturm für Aufzüge von Thyssenkru­pp in Rottweil: Noch offen ist, was mit der lukrativen Aufzugsspa­rte passiert.

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