Hotelbus heuert Nachwuchskräfte an
Koch, Hotel- oder Restaurantfachangestellter: Wurmlinger Schüler entdecken Gastroberufe
WURMLINGEN - Es ist ein Hotel auf Rädern. Im Gastromobil gibt es eine Rezeption, eine Küche und sogar ein Kino: Nur ein Bett fehlt in dem Bus. Aber das braucht es nicht – die Gäste sollen sich im Gastromobil nicht ausruhen, sondern in die Berufswelt des Gastgewerbes hineinschnuppern. Der baden-württembergische Landesverband des Deutschen Hotelund Gaststättengewerbes (DEHOGA) hat den Bus für Schüler konzipiert. Jetzt hat das Gastromobil an der Gemeinschaftsschule in Wurmlingen Halt gemacht: Die Jugendlichen sollen sich an die Ausbildungsberufe herantasten.
Per Knopfdruck, Touch-Display oder Kochlöffel – moderne Technik simuliert verschiedene Hotelbereiche, an denen die Schüler Aufgaben lösen müssen. Alles spielerisch. Niemand soll den Bus frustriert verlassen. „Im Grunde funktioniert alles selbsterklärend. Wir wollen einfach zeigen, was das Gastgewerbe zu bieten hat“, erläutert Martin Eberhard, der Betreuer des Gastromobils.
Lea und Muhammed (beide 15 Jahre) stehen mit Kopfhörern vor der Rezeption. Auf dem Bildschirm gegenüber laufen kurze Videos mit Hotelgästen, die Beschwerden oder Fragen haben. Die Jugendlichen können aus vier Optionen wählen, wie sie sich in der jeweiligen Situation verhalten würden. Ein zweiter Videoclip blendet die Reaktion des Gastes ein. Bei Lea und Muhammed sind die Gäste fast immer zufrieden – also eigentlich alles richtig gemacht. „Hotel ist aber nicht so meins“, sagt Lea. „Da hat man so viel mit Menschen zu tun. Ich möchte lieber Automobilkauffrau werden.“Außerdem stört sie, dass man im Gastgewerbe flexibler sein müsse als in einem Autohaus.
Das gilt insbesondere für die Arbeitszeiten. Schichtdienst, Wochenenden. In Restaurants und Hotels kommt da keiner drumherum. „Wir brauchen Flexibilität, damit auch der
Gast, der erst abends um halb zehn anreist, noch ein Essen bekommt“, sagt Dieter Marquardt, der Tuttlinger Kreisvorsitzende des DEHOGA. Insgesamt hätten sich die zeitlichen und finanziellen Umstände in den vergangenen Jahren aber verbessert.
Dennoch bleiben viele Stellen unbesetzt. In ganz Baden-Württemberg gibt es 6000 Ausbildungsplätze, 1000 Stellen sind davon aktuell unbesetzt. „Für den Kreis Tuttlingen haben wir keine genauen Zahlen“, sagt Marquardt. Insgesamt sei hier in der Region jedoch auch das Stellenangebot übersichtlicher als anderswo. „Es sind vor allem kleine Betriebe, die ausbilden. Meistens gibt es dann nur eine oder zwei Auszubildende.“
Auch wenn eine Ausbildung in einem kleinen Betrieb fürs Erste weniger spannend klinge: „Als Koch oder als Hotelfachangestellter steht einem die ganze Welt offen“, ist Marquardt überzeugt. So könne man später auf einem Kreuzfahrtschiff oder als Saisonkraft in den Bergen arbeiten.
Klingt alles nicht schlecht, findet Celina. Sie arbeite auch gerne mit Menschen. Am liebsten möchte die 15-Jährige aber Polizistin werden. „Da kann ich Menschen richtig schützen, im Hotel helfe ich ihnen nur.“Auch bei vielen ihrer Klassenkameraden schlagen andere Berufsfelder das Gastgewerbe. Die Schüler wollen Elektriker, Manager oder Automobilkauffrau werden.
Nur nicht Helena (15). „Ich kann mich um Leute kümmern und muss im Team arbeiten. Das kann ich mir gut vorstellen.“Man übernehme Verantwortung, dass der Gast am Ende glücklich ist. Den Druck, liefern zu müssen, findet Helena herausfordernd.
Für die Betriebe ist es Herausforderung, diese Begeisterung aufrecht zu erhalten oder noch zu wecken. Martin Eberhard ist optimistisch. „Das Gastromobil gibt es seit drei Jahren. Seitdem spüren wir schon eine Verbesserung.“Mit Luft nach oben – auch in Spaichingen hat das Gastromobil schon Halt gemacht. Noch bis September 2021 ist es im ganzen Land unterwegs.