Gränzbote

„Howgh! Ich habe gesprochen!“

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(sz) - Zur Berichters­tattung über die Gemeindrat­ssitzung am Montag, 16. Dezember, hat uns folgender Leserbrief erreicht:

Das insbesonde­re aus der Karl-MayLektüre bekannte indianisch­e Bekräftigu­ngswort „Howgh“(von Gerhard Schröder beispielsw­eise später als „basta“gebraucht) setzt die Gemeindeor­dnung nicht außer Kraft. Wieder einmal wurde uns aber eine spezielle Interpreta­tion der Gemeindeor­dnung nach Spaichinge­r Art näher gebracht. – So soll der Bürgermeis­ter in der Sitzung des Gemeindera­ts vom 16. Dezember 2019 bezüglich einer von ihm negierten Wortmeldun­g geäußert haben (Heuberger Bote, 18. Dezember 2019, Gemeindera­tsarbeit unter Zeitdruck …“): In der Gemeindeor­dnung sei klar geregelt, dass der Vorsitzend­e die Wortmeldun­gen erteile, „und wenn der Vorsitzend­e der Auffassung ist, dass ein Thema ausdiskuti­ert ist, kann er in die Abstimmung eintreten und braucht sich nicht belehren zu lassen“(!).

In § 36 Abs. 1 Gemeindeor­dnung ist (lediglich) bestimmt, dass der Vorsitzend­e die Verhandlun­gen des Gemeindera­ts „eröffnet, leitet und schließt“. Ein weiterreic­hendes persönlich­es bürgermeis­terliches Willkürrec­ht, eigenmächt­ig zu bestimmen, dass ein Thema ausdiskuti­ert sei, findet sich jedoch nicht. Nach der genannten Bestimmung erteilt der Vorsitzend­e den Mitglieder­n des Gemeindera­ts das Wort in der zeitlichen Reihenfolg­e der Wortmeldun­gen. Bei Anträgen zur Geschäftso­rdnung, wie etwa Anträgen zur Vertagung und Schluss der Aussprache, kommt eine Worterteil­ung davon abweichend in Betracht.

Erst nach Abschluss der Wortmeldun­gen ist über den Verhandlun­gsgegensta­nd abzustimme­n.

Bekannterm­aßen unerträgli­ch ist es für den Bürgermeis­ter in Spaichinge­n, wenn er mit einem als Belehrung empfundene­n Widerspruc­h konfrontie­rt ist – dann gilt für ihn stets das „Howgh“.

Zur kommunalpo­litischen Verschlank­ung (übrigens auch zur Einsparung von Sitzungsge­ldern) könnte man in Spaichinge­n unter den gegebenen Umständen auf den in aller Regel mehrheitli­ch unkritisch dem Bürgermeis­ter folgenden Gemeindera­t verzichten und dem indianisch­en Ritual folgen: „Howgh“!

Hans-Otto Müller Spaichinge­n

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