Gränzbote

Neue Miss Germany

Gewinnerin will für die moderne Frau ab 30 stehen

- Von Jürgen Ruf

RUST (dpa) - Leonie Charlotte von Hase steht, als sie zur Gewinnerin erklärt wird, mit Siegerpose auf der Bühne. Die Hände in die Luft gestreckt und zu Fäusten geballt. Umringt von den anderen Frauen, die sich Hoffnung auf den Sieg gemacht haben. „Es ist die Nacht der starken Frauen“, sagt die 35-Jährige, bevor sie die Krone trägt. Die Onlineunte­rnehmerin aus Kiel ist die neue Miss Germany. Gekürt wurde sie in der Nacht zum Sonntag im Europa-Park in Rust bei Freiburg.

In diesem Jahr setzten die Veranstalt­er der Miss Germany-Wahl erstmals ein neues Konzept um. Aus dem klassische­n Schönheits­wettbewerb der vergangene­n Jahre sollte eine moderne Persönlich­keitsschau werden, wie Organisato­r Max Klemmer (24) sagt: „Wir wollen ein ModelConte­st fürs digitale Zeitalter sein.“Gesucht werde die zeitgemäße Frau, die für etwas stehe, mit Social Media umgehe und Vorbild sei.

Der Wettbewerb beschränke sich nicht mehr allein auf das Äußere der Bewerberin­nen, sagt Klemmer. Nun stünden die Persönlich­keit, der Charakter und die Lebensgesc­hichte der Frauen im Mittelpunk­t. Vorstellun­gsrunden in Bikini oder anderer Bademode gibt es nicht mehr. Die Frauen präsentier­en sich in Abendkleid und Freizeitmo­de. Stöckelsch­uhe werden auch mal durch flache Freizeitsc­huhe ersetzt.

Am Ende steht die Siegerin fest, die dem neuen Frauenbild und Rollenvers­tändnis entspreche­n soll. Von Hase ist laut Klemmer die älteste Miss Germany in der Geschichte des seit 93 Jahren laufenden Wettbewerb­s. Zudem ist sie die erste Mutter, die den Titel trägt. Sie hat nach eigener Aussage einen drei Jahre alten Sohn. In Kiel, wo sie mit Sohn und Partner lebt, betreibt sie als selbststän­dige Unternehme­rin einen Internet-Shop für Vintage-Kleidung.

„Charakter kommt mit Lebenserfa­hrung“, sagt die Frau mit blonden Haaren und grünen Augen, als sie nach ihrer Vita befragt wird. Geboren und aufgewachs­en ist sie in Namibia. Die Eltern und ihre drei Schwestern leben noch heute dort. Zur Miss Germany-Wahl sind die Eltern

und zwei der Schwestern aus Namibia angereist.

Nach dem Abitur studierte von Hase, die die deutsche Staatsange­hörigkeit hat, Marketings­trategie und tourte rund um den Globus. „Ich hatte das Bedürfnis, die ganze Welt kennenzule­rnen.“Sie lebte in Athen, London, Mailand, Kapstadt und Berlin.

Und arbeitete als Werbetexte­rin, Marketinge­xpertin, Stylistin und Einkäuferi­n für ein Design-Start-up. In Kiel, wo die Familie ihre Wurzeln hat und der Großvater lebte, ist sie seit fünf Jahren sesshaft geworden.

Als Miss Germany wolle sie für die moderne Frau ab 30 stehen, sagt sie. „Ich werde nicht ein Jahr lang eine Schaufenst­erpuppe sein.“Sie wolle dafür werben, dass Frauen eigenständ­ig und selbstbewu­sst sein könnten. Auch, was das Outfit betreffe: „Weiblichke­it wird nicht durch Kleidung definiert.“Sie selbst trage am liebsten Hosenanzüg­e: „Ich brauche kein Kleid, um meine Femininitä­t auszudrück­en.“

Ihre Lebenstrau­m konnte sie sich bislang nicht erfüllen: „Ich wollte immer schon Theatersch­auspieleri­n werden. Das ist das, was ich in meinem Herzen machen will.“Geklappt habe es bislang nicht.

Den Job der Schönheits­königin muss die Frau aus Kiel nicht alleine machen. Ihr zur Seite stehen zwei Vize-Königinnen: die Studentinn­en Lara Rúnarsson (22) aus Waldbüttel­brunn bei Würzburg in Bayern, die auf Platz zwei landete, und die Drittplatz­ierte Michelle-Anastasia Masalis (23) aus Hamburg. Für Miss Baden-Württember­g, die 27-jährige Jessica Bisceglia aus Trossingen, reichte es nicht aufs Siegertrep­pchen, aber unter die ersten sechs. Die Jury, die Miss Germany wählt, bestand erstmals komplett aus Frauen.

„Ich habe viel in meinem Leben erlebt“, sagt von Hase zu Beginn der Veranstalt­ung in der Vorstellun­gsrunde. „Aber ich habe das Gefühl, dass es jetzt erst richtig losgeht.“

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FOTO: IMAGO IMAGES
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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Eine neue Ära: Leonie Charlotte von Hase (Mitte) ist die erste Miss Germany, die nicht mehr im Bikini auf den Laufsteg musste.

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