Ex-Präsident
Ohne Frederik Willem de Klerk wäre der demokratische Wandel in Südafrika ebensowenig möglich gewesen wie ohne Nelson Mandela – dafür bekamen beide Männer 1993, im Jahr vor den ersten freien Wahlen in ihrer Heimat, den Friedensnobelpreis. Mehr als zwei Jahrzehnte nach seinem Rückzug aus der Politik steht der letzte weiße Präsident des Landes, der auch als Gorbatschow Südafrikas betitelt wurde, plötzlich wieder im Zentrum einer heftig geführten Debatte.
Anlass waren Interviewäußerungen des 83-Jährigen zur Apartheid. Die Politik der Rassentrennung war noch in den späten 1980er-Jahren Gesetz in Südafrika, de Klerk half sie zu überwinden. Nun sagte er, er stimme „nicht vollständig“zu, dass die Apartheid ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen sei. Man könne sie nicht mit einem Verbrechen wie Völkermord vergleichen.
In dem Land, in dem die Gegensätze zwischen Schwarz und Weiß nach wie vor groß sind, löste das Empörung aus. Selbst der südafrikanische Kirchenrat forderte eine Entschuldigung. Die linkspopulistische Oppositionspartei Wirtschaftliche Freiheitskämpfer (EFF) forderte ein Gesetz gegen die Leugnung der Apartheid – deren Existenz de Klerk freilich nie abgestritten hat. Im Gegenteil: Er hatte mehrfach die Ungerechtigkeiten des Systems, dessen letzter führender Repräsentant er war, anerkannt und sich entschuldigt, wie de Klerks Stiftung betonte. Die Bezeichnung als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“sei aber ein ideologisches Konzept, mit dem weiße Südafrikaner stigmatisiert werden sollten. Tatsächlich nutzt die EFF, aber auch Teile des regierenden ANC den Vorwurf des Rassismus gegen politische Gegner fast im Tagesrhythmus – was weiße Südafrikaner als billige Stimmungsmache auf ihre Kosten empfinden. Ulrich Mendelin