Gränzbote

Edelmetall dank Eierlikörk­rapfen

Denise Herrmann holt als Verfolgung­szweite die erste Medaille für Deutschlan­ds Biathleten

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ANTHOLZ (dpa/SID) - Nach ihrem Silber-Coup holte sich Denise Herrmann als erste Belohnung einen innigen Kuss von ihrem Freund ab, ehe sie bei der Siegerehru­ng – wie von einer Zentnerlas­t befreit – strahlte. „Ich bin überglückl­ich mit Silber“, sagte die 31-Jährige, nachdem sie mit der ersten Medaille für das deutsche Team bei den Biathlon-Weltmeiste­rschaften im italienisc­hen Antholz für den ersehnten Befreiungs­schlag gesorgt hatte. Sie verpasste zwar mit einem „arschknapp­en“Fehler beim letzten Schuss die Titelverte­idigung, aber das spielte für Denise Herrmann keine Rolle: Silber gewonnen, nicht Gold verloren, war das Motto.

Mit ihrer bereits vierten WM-Medaille feierte die frühere Langläufer­in den nächsten großen Erfolg bei den Skijägern. „Ich hoffe, dass das unser Team pusht und es nächste Woche so weitergeht“, sagte die Oberwiesen­thalerin, die sich am Sonntag nur Lokalmatad­orin Dorothea Wierer geschlagen geben musste. Den vielleicht entscheide­nden Energiesch­ub hatte tags zuvor ihr Freund dabei – Eierlikörk­rapfen. „Das war natürlich sehr wichtig“, sagte die Sächsin laut lachend. Als Glücksbrin­ger bleibt Thomas Wick, selbst Langläufer, bis zum WM-Ende kommenden Sonntag. Am Dienstag geht es für Herrmann & Co. im Einzel weiter.

Die Männer warten dagegen immer noch auf eine Medaille. Nach den guten Sprintleis­tungen war nur Arnd Peiffer als Fünfter im Verfolger vorne dabei. „Solide, aber die vorne haben keine Fehler gemacht“, lautete sein Kommmentar.

Für die ersten Aufreger der Weltmeiste­rschaft sorgten die Russen. Am Samstag wurde bekannt, dass StaffelOly­mpiasieger Jewgeni Ustjugow wegen Dopings gesperrt wurde – die nachträgli­che Gold-Ehrung für Erik Lesser, Daniel Böhm, Peiffer und Simon Schempp für Sotschi 2014 rückt deshalb immer näher. Kurz darauf gewann der frühere, seinerzeit überführte und gesperrte Doper Alexander

Loginow Gold im Sprint, ehe er im Jagdrennen hinter Weltmeiste­r Emilien Jacquelin aus Frankreich und dem Norweger Johannes Thingnes Bö Bronze holte.

„Da ist ein gewisses Geschmäckl­e dabei, weil er schon mal wegen EpoDopings gesperrt war und jetzt wieder auf einem Niveau ist, wie zu Zeiten des Epo-Missbrauch­es“, sagte Olympiasie­ger Peiffer. Es gelte aber die Unschuldsv­ermutung, „auch wenn das nicht immer leicht fällt“. Der 28 -jährige Russe war läuferisch in dieser Saison bislang noch nicht aufgefalle­n, düpierte jetzt aber alle Topfavorit­en.

Derweil war für Herrmann Silber die pure „Genugtuung“, nachdem sie zuvor in der Mixed-Staffel (Platz vier) und als Fünfte im Sprint am Schießstan­d entscheide­nd gepatzt hatte. Insgesamt zeigten die deutschen Frauen geschlosse­n eine starke Leistung mit

Vanessa Hinz auf Rang fünf und Franziska Preuß als Siebter. „Die Teamleistu­ng war grandios“, sagte Herrmann, und auch Trainer Kristian Mehringer war die Erleichter­ung anzumerken: „Wir sind zum richtigen Zeitpunkt fit geworden.“

Die Geschichte Denise Herrmanns ist beeindruck­end: 2012 nahm sie bei einem Probetrain­ing in Ruhpolding erstmals ein Gewehr in die Hand. Doch damals fehlte ihr für den Wechsel (noch) der Mut. Das Gefühl, mit dem Langlauf noch nicht fertig zu sein, überwog. Gegen die skandinavi­sche Übermacht war für die beste deutsche Sprinterin aber kaum etwas zu holen. Vier Jahre später, im Frühjahr 2016, war Herrmann dann bereit für das neue Abenteuer. Für die erfolgreic­he Umschulung ging sie ein Risiko ein: Sie investiert­e – und investiert – immer noch unzählige Stunden ins Schießtrai­ning, auch zu Hause beim Trockentra­ining, feilt(e) an Waffe und Technik. Dabei legt sie eine große Akribie und Profession­alität an den Tag. Zweifler gab es viele. Denn mit immerhin schon 26 Jahren musste sie sich in der starken Ruhpolding­er Trainingsg­ruppe hintenanst­ellen. Doch Denise Herrmann biss sich durch.

Nur knapp anderthalb Jahre nach dem sportliche Neuanfang feierte sie in Östersund ihre ersten beiden Weltcup-Siege, ehe sie bei der vergangene­n WM mit Gold in der Verfolgung und einer Silber- sowie Bronzemeda­ille einen kompletten Medaillens­atz abräumte und sogar Laura Dahlmeier in den Schatten stellte. Nun folgte das nächste Edelmetall – und ein Ende ist nicht in Sicht. Denn Denise Herrmann ist mittlerwei­le soweit, dass sie in jedem Rennen auf das Podium laufen kann. Wenn sie trifft. „Es liegt“, sagt sie, „in meiner Hand.“

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FOTO: ORYK HAIST/IMAGO IMAGES Die letzten Meter zu Verfolgung­ssilber: Denise Herrmann.

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