Eher nichts für Tuchels Oma
Vor íhrem Duell in der Champions League treffen BVB und PSG je viermal – defensiv steht nur ein Team sicher
PARIS (SID/dpa) - Diese Frage ging Thomas Tuchel mächtig auf den Geist. „Warum?“, sagte der Trainer von Paris St. Germain, seine Zeigefinger zuckten durch die Luft, „glauben Sie, gegen Dortmund wird es das gleiche Spiel? Soll ich den Kopf verlieren? Nein!“In einer feurigen Rede wechselte Tuchel vom Französischen ins Englische und wieder zurück.
PSG hat die Generalprobe für das Champions-League-Duell mit Tuchels Ex-Club verpatzt, ja. Das schräge 4:4 beim Tabellenvorletzten SC Amiens wird jedoch den dritten Meistertitel in Serie nicht verhindern, zudem hatte Tuchel für das weitaus wichtigere Spiel am Dienstag (21 Uhr/DAZN) einige Stars wie Kylian Mbappé geschont.
„Die ganze Welt denkt jetzt: Oh, sie werden unruhig, unruhig, unruhig, sie haben viele Probleme“, sagte Tuchel mit Zynismus in der Stimme, „aber nein. Das ist das Leben! Das ist Fußball!“Er habe viel Vertrauen in seine Mannschaft, der allerdings die Mentalität gefehlt habe: „Nach fünf Minuten war ich sehr wütend.“
Da hatte der frühere Kölner Sehrou Guirassy schon für Amiens getroffen. Die weiteren Tore zum sensationellen Zwischenstand von 3:0 verhagelten Tuchel die Laune noch mehr. Der Deutsche streute ein paar Stars über das Spiel, seine Mannschaft zündete und drehte das Duell auf 4:3 – nur, um in der Nachspielzeit noch ein Guirassy-Tor zu kassieren.
Glücklicherweise beherrscht Tuchel die Kunst der Meditation und legt zwischendurch mal eine YogaEinheit ein. Das hält ihn davon ab, völlig aus der Haut zu fahren. „Ich habe schon meiner Oma – sie regt sich immer fürchterlich auf vor den Spielen – immer gesagt: Es ist am Ende nur Sport. Wir operieren keine Kinder, wir retten keine Leben“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Doch der Acht-Tore-Abend dürfte dem vorgeblich so gelassenen Enkel nicht gefallen haben. Derart vogelwild verteidigten Thiago Silva, der zur Pause runter musste, und seine indisponierten Nebenleute, dass sich Beobachter fragten, wie es denn am Dienstag ausgehen solle. 8:8? Schließlich besitzt auch der BVB seine Stärken sehr einseitig in der Offensive. Wobei, am Freitag stgand beim BVB hinten ausnahmsweise die Null das 4:0 gegen Eintracht Frankfurt war Balsam auf die Seele der Dortmunder, die in den zwei Spielen zuvor sieben Gegentore kassiert hatten. Der Bundesliga-Rekord von 63 Toren aus 22 Ligaspielen (wie der FC Bayern 1973/74 bzw. der Hamburger SV 1981/82) müsste PSG Warnung genug sein.
Tuchel aber versuchte, mit einem Scherz ein wenig Druck vom Kessel zu nehmen. „Vielleicht gibt es gerade deshalb ein 0:0“, scherzte er. Allerdings ist die Lage bei PSG ein wenig anders. Seit 23 Spielen sind die Pariser ohne Niederlage, nur drei Unentschieden fallen in diese Spanne, darunter eines gegen Real Madrid in der Champions-League-Gruppenphase. „22-mal waren wir superkonzentriert“, betonte Tuchel. Da sei ein Spannungsabfall „menschlich, ganz normal“.
Das Wiedersehen mit seinem ehemaligen Club sieht Tuchel dabei nicht als Gelegenheit, alte Rechnungen zu begleichen. „Dieses Spiel ist keine Bühne, um irgendetwas aufzuarbeiten. Die Dinge sind aufgearbeitet und verarbeitet für mich. Jetzt haben wir eine Auslosung erwischt und spielen Fußball gegeneinander“, sagte er ebenfalls der „Welt am Sonntag“.