Pappnasenfußball
Ich mag manchmal leichtsinnig sein, lebensmüde bin ich nicht. Diese kleine Kolumne bleibt daher fasnetfrei. Wie im Übrigen ja auch fast die gesamte Bundesliga. Ausnahme: der SC Freiburg. Obwohl keine Fasnet-Hochburg, bilden die Breisgauer auch hier das gallische Dorf der Liga. Sonst schallt es jedenfalls nirgendwo in einig Bundesligaland „Narri-Narro“und schon gar nicht „Gockelores – Kikeriki“oder „Ohu-Ohu“durch die Straßen. Sehr wohl aber „Alaaf“und „Helau“.
Weil die Jecken und Narren aus Köln und Mainz sich ganz besonders viel auf ihren Karneval und ihre größten lokalen Fußballclubs einbilden und auch diese ihren Beitrag leisten wollen zum närrischen Treiben, müssen die jeweiligen Spieler des 1. FC Köln und FSV Mainz seit einigen Jahren die Spiele rund um die Hochfeste der Narren in besonderen Karnevalstrikots angehen. Die Kölner Verantwortlichen um Manager
Horst Heldt und Trainer Markus Gisdol hielt auch vom Schicksal ihrer Vorgänger nicht davon ab, ihre Spieler in den jecken Trikots in ihr Verderben rennen zu lassen gegen den FC Bayern: Als die FC-Kicker um
Jonas Hector am 11. Spieltag das erste G Mal in dieser Saison ihr rotes Karnevalstrikot
mit Krönchen und gestreiften Söckchen anhatten, waren danach Sportvorstand Armin Veh und Armin Beierlorzer Geschichte beim FC. Die Niederlage in letzter Sekunde gegen Hoffenheim war damals die vierte in Serie; der wahrlich jecke Spielverlauf – Jhon Cordoba hatte den ordentlich spielenden FC in Führung gebracht, Hoffenheim hatte in der siebten Minute der Nachspielzeit per Videoassistent den siegbringenden Elfmeter zugesprochen bekommen, hatte die Bosse zwei Tage vor dem offiziellen Beginn der sogenannten fünften Jahreszeit nicht beruhigen können.
Diesen Sonntag waren die närrischen Kicker noch gar nicht richtig auf dem Rasen, als es schon 0:3 stand. Die Kölner spielten während der ersten Halbzeit naiven Pappnasenfußball gegen den Meister. Ob Marc
Uths Ehrentreffer den Jecken in den kommenden Tagen noch Freude machen wird? Die Gesamtbilanz der Kölner in den Karnevaltrikots ist übrigens ausgeglichen: In elf Spielen gab es vier Siege, drei Unentschieden und vier Niederlagen.
Achim Beierlorzer, aus Erlangen stammend und darum per Geburtsrecht einer gewissen Faschingsnähe verdächtig, wechselte nach seinem Rauswurf in Köln von einem Karnevalsverein zum anderen: Er heuerte in Mainz an – und sah nun seine Meenzer in gewöhnungsbedürftigen blau-gelb- rot-weiß gestreiften Hemden gegen Schalke glorreich nullzunullen. Übrigens das erste Mainzer Remis der Saison. Läuft nicht so mit den Karnevaltrikots.
Nicht ganz so viel Tradition wie die Fastnacht hierzulande oder im Rheinland hat der Bremer Karneval. Seit 1986 gibt es einen Umzug, der sich mittlerweile, lernen wir von Wikipedia, zum größten Samba-Karnaval Europas gemausert haben soll. Anders als man denken könnte, wurde der Umzug also nicht gegründet, um Ailton glücklich zu machen. Und auch wenn die Schönredner vom Dienst, Werders Manager Frank
Baumann und Trainer Florian Kohfeldt, nach dem in allen Belangen desolaten und nicht mal zweitligareifen 0:3 in Leipzig am Samstag, der achten Bremer Niederlage aus den letzten neun Ligaspielen, anderes glauben machen wollten: Werders heutige Spieler könnten bei ihrem freien Fall Richtung Zweite Liga derzeit wirklich jede Ablenkung gebrauchen. Blöd nur: der Bremer Karneval, auch das lehrt uns Wikipedia, „fällt zeitlich fast mit dem Karneval“zusammen. Fast heißt: der große Umzug mit rund 20 000 Zuschauern fand bereits statt – ebenfalls am Samstag. „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“, würde da
Andreas Brehme wohl sagen, der Weltmeistertorschütze und Experte in absolut unerwarteten Abstiegen. Das Bild von seinen Tränen an Rudi
Völlers Trikot nach Kaiserslauterns Abstieg 1996 ist eins für die Ewigkeit.