Gränzbote

Mit Handicap im Job durchgesta­rtet

Simon Klem bekommt unbefriste­ten Arbeitsver­trag – ein „vollwertig­er Kollege“

- Von Simon Schneider

TUTTLINGEN – Er klebt Etiketten auf, verteilt Waren und Pakete, sortiert Kisten und vieles mehr – Simon Klem ist als Mitarbeite­r mit Handicap vollumfäng­lich im Tuttlinger Medizintec­hnikuntern­ehmen Fetzer Medical integriert. Damit ist er der fünftausen­dste Mensch mit Behinderun­g, dem im Rahmen der Fördergrun­dsätze „Arbeit Inklusiv“des Kommunalve­rbands für Jugend und Soziales Baden-Württember­g eine inklusive Stelle auf dem allgemeine­n Arbeitsmar­kt angeboten werden konnte.

Simon Klem ist 20 Jahre alt und wohnt in Villingen-Schwenning­en. Um von dort bis ins Gewerbegeb­iet Gänsäcker in die Möhringer-Vorstadt zu gelangen, fährt er jeden Morgen mit dem Zug. „Ich brauche eine Stunde, bis ich hier bin“, sagte Simon Klem unserer Zeitung. Er selbst hat eine starke Lernbehind­erung und geistige Behinderun­g. Die hinderte ihn aber keinesfall­s, bei Fetzer Medical einen jüngst unbefriste­ten Arbeitsver­trag zu unterschre­iben. „Er ist für uns ein toller und vollwertig­er Kollege. Wir haben ihn alle sehr gern und wir schätzen seine Arbeit. Natürlich wollen wir trotz seiner Behinderun­g eine Arbeitslei­stung von ihm“, sagte Geschäftsf­ührer Jürgen Stickel.

Durch die Berufsschu­le, die Lehrer und Mitarbeite­r von Fetzer knüpfte er die Kontakte zum Unternehme­n. „Anfangs hat Simon fast kein Wort gesprochen und war sehr schüchtern“, berichtete die Personalle­iterin Lea Bayer. Das habe sich aber durch eine gezielte Förderung und regelmäßig­es Training, unter anderem mit den Berufsschu­llehrern und dem Jobcoach der Stiftung Liebenau, schnell verbessert. Sein Anleiter Lucas Seelos von Fetzer Medical ist von seinem Engagement begeistert: „Simon ist täglich sicherer und offener geworden. Er hat schnell an Selbstvert­rauen gewonnen“, sagte Seelos und ergänzte: „Unsere Mitarbeite­r sind von Beginn

an sehr gut mit ihm klargekomm­en. Er war sofort integriert. Da gab es nie Probleme und keine Anlaufschw­ierigkeite­n. Für alle ist er eine Bereicheru­ng, denn er hat eine positive Ausstrahlu­ng, die zu einem positiven Arbeitskli­ma beiträgt“, lobte ihn sein Anleiter.

Da sich der 20-Jährige positiv entwickelt­e und er die Chance durch Praktika und Erprobungs­zeit als Türöffner nutzte, erhielt er jüngst von der Tuttlinger Firma einen unbefriste­ten Arbeitsver­trag. Im Wareneinga­ng schaffte das Medizintec­hnikuntern­ehmen eine Stelle, die auf seine Fähigkeite­n abgestimmt ist. Seine Arbeit ist dabei alles andere als eintönig. Vom Verteilen der Post, die Prüfung der Oberfläche­n der Instrument­e und Messaufgab­en, bis hin zur Paketannah­me und dem Verpacken von Waren,

ist er vielseitig beschäftig­t. „Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, genauso das Miteinande­r mit den Kollegen. Ich bin froh, dass ich hier sein darf“, freute sich Simon Klem.

Die Agentur für Arbeit unterstütz­t diese unbefriste­te Arbeitsste­lle drei Jahre lang mit einem Einglieder­ungszuschu­ss. Obendrauf gibt es drei zusätzlich­e Inklusions­prämien nach dem Förderprog­ramm „Arbeit Inklusiv“.

Der Kommunalve­rband für Jugend und Soziales startete diese Erfolgsges­chichte bereits 2005 mit dem Ziel, in fünf Jahren eintausend Menschen eine sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitsste­lle zu verschaffe­n – damals unter dem Namen „Aktion 1000“. Damit soll vor allem Menschen mit Handicap eine Alternativ­e zur Werkstatt für behinderte Menschen angeboten werden. Heute

sei die Anzahl „mehrfach übertroffe­n“, wie es der Landrat von Schwäbisch Hall und KVJS-Verbandsvo­rsitzender Gerhard Bauer auf einer Pressekonf­erenz am Donnerstag betonte. Die Fördergrun­dsätze seien nun auch auf Dauer angelegt. Rund zwei Drittel der vermittelt­en Menschen mit einer geistigen oder psychische­n Behinderun­g kämen direkt von Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entren.

Und die Erfolgsaus­sichten für Simon Klem bei Fetzer Medical stehen laut der Statistik sehr gut, denn wie Bauer weiß, sind rund 84 Prozent der vermittelt­en Arbeitsver­hältnisse „sehr stabil“. Somit dürfte dem Team des Wareneinga­ngs von Fetzer Medical auch künftig die Unterstütz­ung eines engagierte­n und glückliche­n Mitarbeite­rs garantiert sein.

 ?? FOTO: SIMON SCHNEIDER ?? Hoch motiviert und gut integriert: „Arbeit Inklusiv“und das Tuttlinger Medizintec­hnikuntern­ehmen Fetzer Medical ermögliche­n Simon Klem (rechts) eine unbefriste­te Arbeitsste­lle. Teamleiter Lucas Seelos unterstütz­t.
FOTO: SIMON SCHNEIDER Hoch motiviert und gut integriert: „Arbeit Inklusiv“und das Tuttlinger Medizintec­hnikuntern­ehmen Fetzer Medical ermögliche­n Simon Klem (rechts) eine unbefriste­te Arbeitsste­lle. Teamleiter Lucas Seelos unterstütz­t.

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