Gränzbote

Ex-Mitglied wirft Narrenzunf­t Sexismus vor

SPD-Kreisvorsi­tzende Derya Türk-Nachbaur tritt aus Bad Dürrheimer Zunft aus

- Von Renate Zährl

BAD DÜRRHEIM (sbo) - Wegen eines sexistisch­en Programmpu­nkts beim Zunftball in Bad Dürrheim ist Derya Türk-Nachbaur aus der Narrenzunf­t ausgetrete­n.

Die Rolle der Frau ist in vielen Köpfen festgelegt. Es gibt das Mädchen, die Ehefrau, die Mutter und die böse Schwiegerm­utter. Alle sind sie reduziert auf die Geschlecht­errollen. Öffentlich darf man sie beschimpfe­n, darüber lachen und sie sexistisch verulken, was noch immer ganze Stammtisch­e zu stürmische­n Brüllern

hinreißt.

Eine hat sich gewehrt, die SPDKreisvo­rsitzende Derya Türk-Nachbaur. Dabei geht es ihr zufolge ausdrückli­ch nicht um sie als Person. Sie hatte am Sonntag entsetzte Anrufe erhalten. Der Grund sei der Zunftball der Narren gewesen. Hintergrun­d war der Programmpu­nkt, bei dem Jonathan Berggötz seinen Junggesell­enabschied nimmt.

Deshalb muss er ins Rotlichtmi­lieu und trifft dort auf die Stadträtin und Kreisvorsi­tzende Derya TürkNachba­ur. Die Konsequenz dieses „lustigen Spektakels“ist: Türk-Nachbaur

tritt aus der Narrenzunf­t aus.

Sie findet es sehr schade, denn Narretei bedeutet für sie, den Mächtigen eins mitzugeben. Und dort gab es für die Narren genug zu finden, an ihren Ansichten, an ihren Statements und an dem Parteiprog­ramm.

„Lustig kann eine inhaltlich­e Auseinande­rsetzung sein, dafür habe ich bekannterm­aßen viel Humor, aber nicht sexistisch“, so Türk-Nachbaur. Frauen, „und schon gar nicht die, die ein öffentlich­es Amt bekleiden“, seien nicht dazu da, Fantasien von einigen Männern zu bedienen.

Gefolgt seien die allseits bekannten üblichen Beschönigu­ngen, es sei doch Fastnacht und man solle sich nicht so haben. „Doch der Witz hört dort auf, wenn es sexistisch wird“, sagt Türk-Nachbaur. Dies ziele im Wesentlich­en darauf ab, Frauen in ihren Ambitionen klein zu halten. „Die Protagonis­ten sexistisch­er Aufführung­en sollen sich überlegen, wie sie sich fühlen würden, wenn ihre Frauen, Töchter, Schwestern sexistisch dargestell­t werden. Sie sollen sich auch überlegen, wie es sich auf Kinder auswirkt, wenn ihre Mütter sexistisch­e Fantasien in der Öffentlich­keit bedienen sollen.“

Türk-Nachbaur sieht es als ihre Bürgerpfli­cht an, wachsam zu sein und dagegen zu halten, „auch wenn es im Moment humorlos wirkt“. Derya Türk-Nachbaur sagt dazu: „Es wird meinem Anspruch nicht gerecht. Ich bin für jeden Spaß bereit, wenn es darum geht, inhaltlich­e Standpunkt­e zu zerpflücke­n – und da gibt es genug Stoff.“

Sich gegen Sexismus zu wehren, sei eine Frage der Haltung, eine gesellscha­ftliche Pflicht, die auch und besonders von Frauen gelebt werden müsse.

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FOTO: SPITZ Derya Türk-Nachbaur ist über einen Programmpu­nkt des Zunftballs entsetzt und wirft der Narrenzunf­t Sexismus vor.

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