Mysteriöse Geschehnisse an Bord
Berliner Kriminal Theater bringt Sebastian Fitzeks „Passagier 23“auf die Bühne der Stadthalle
TUTTLINGEN - Die Tourneetruppe des Berliner Kriminal Theaters hat am Donnerstagabend Sebastian Fitzeks Psychothriller „Passagier 23“auf die Bühne der Stadthalle gebracht. Fast 550 Zuschauer verfolgten gespannt die unseligen Vorgänge an Bord des Kreuzfahrtschiffs.
„Sie sind verrückt. Komplett verrückt!“Zahnarzt Dr. Klein ärgert sich über das selbstzerstörerische Verhalten seines Patienten Dr. Martin Schwartz. Der stöhnt „aargh“, nimmt einen Handyanruf entgegen und haut ab. Geht direkt an Bord der „Sultan of the Seas“. Von dort waren fünf Jahre zuvor seine Frau Nadja und sein zehnjähriger Sohn Timmy spurlos verschwunden. Charakterkopf Silvio Hildebrandt spielt die Zentralrolle des (fast) gebrochenen Ermittlers und drückt fassungslos den ramponierten Teddy seines Sohnes ans Gesicht. Die leicht kauzige Privatermittlerin Gerlinde Dobkowitz, sympathisch dargestellt von Vera Müller, hat das Spielzeug bei Anouk Lamar gesehen, einem weiteren „Passagier 23“. Die aber, Wochen nachdem sie und ihre Mutter Naomi von Bord verschwunden waren, plötzlich wieder auftaucht. Pauline Stöhr gibt die sich ständig kratzende, stumme Anouk, Alexandra Johannknecht die von einer Kapuzenperson psychisch gequälte Mutter.
Regisseur Thomas Wingrich hat den Thriller in viele einzelne Szenen aufgeteilt, die sich an verschiedenen Stellen des riesigen Schiffs abspielen. Doch das Bühnenbild bleibt immer dasselbe: Ein überdimensionales Bullauge, beiderseits eingefasst von grauen Wänden mit je einer Tür. Verändert wird nur die „Einrichtung“, die aus zwei Blöcken wie aus einem Tangram-Spiel für Riesen besteht. Unterschiedlich zusammengestellt bilden sie den Zahnarztstuhl, einen Deckchair, einen Teil der Brücke, aber auch das Bett der Gequälten.
Fitzek räumte mit einem Mythos auf: Der Kapitän (etwas hölzern: KaiPeter Gläser) ist nicht der souveräne Herr des schwimmenden Hotels, sondern ein erpressbarer Lakai des Reeders Yegor Kalinin, schön schmalzig und fies dargestellt von Alejandro Ramón Alonso. Der in Mexiko geborene Schauspieler mimt auch den ersten Toten den Stücks, der erst nach 89 Minuten Laufzeit auftritt; beziehungsweise mit Schusswunde in der Stirn aus einer der Türen fällt. Schwartz hat es im Lauf seiner Recherche auch noch mit der ständig echauffierten Julia Stiller (Charlotte Neef) und deren widerspenstiger Tochter Lisa (Nicole Bunge) zu tun. Auch ist er sich unklar über die wahren Absichten der Schiffsärztin Dr. Elena Beck (verführerisch und heimtückisch: Kristin Schulze). Und bei Putzfrau Shala, perfekt personifiziert von Shero Khalil, einem Lübecker mit kurdischen Wurzeln, versagt sein Spürsinn restlos.
Nach einem heldenhaften Sprung ins eiskalte Meer findet Martin Schwartz doch noch zu einem Happy End. Allerdings einem der besonderen Art. „Härter als vermutet“, kommentierte eine der Tuttlinger Gymnasiastinnen, die als Mitglieder der Theater-AG am IKG das Schauspiel genauestens verfolgt hatten.