Gränzbote

1000 Zuhörer verfolgen engagiert Vorstellun­gsrunde

Dem Applaus nach zu schließen haben die Bürger einen Favoriten: Markus Hugger

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Die rund 1000 Besucher der offizielle­n Kandidaten­vorstellun­g haben einen klaren Favoriten – zumindest gemessen am jeweiligen Abschlussa­pplaus: Gut doppelt so lang (34 Sekunden) und auch lauter war der für den Immendinge­r Bürgermeis­ter Markus Hugger (49), während die Zuhörer 15,4 Sekunden Applaus den Ausführung­en von Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r (57) zollten. Torsten Kelpin (58) blieb eher die Außenseite­rrolle, er bekam denn auch nur rund 8,4 Sekunden Schlussapp­laus.

Die Redestrate­gien waren klar: Bürgermeis­ter Hans Georg Schuhmache­r zählte eine Fülle an Projekten auf, die in den vergangene­n acht Jahren unter seiner Regie angegangen und umgesetzt wurden. Markus Hugger betonte sein Selbstvers­tändnis als Teamplayer auf Augenöhe: Mit den Bürgern, mit den Mitarbeite­rn und mit den Nachbargem­einden. Ein Thema, das zeigte sich an einer Frage, das den Saal sehr bewegt.

Torsten Kelpin positionie­rte sich gegenüber beiden Kandidaten (man habe in dieser Hinsicht die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub) als ökologisch­es Gegengewic­ht, bekam aber in der Fragerunde Gegenwind wegen seiner Positionen zu Flüchtling­en. Ihm warf ein Nachbar vor, er habe Kinder einer deutsch-nigerianis­chen Familie angepöbelt, was Kelpin bestritt: „Ich hab nie etwas gesagt“. Er habe nichts gegen Menschen anderer Hautfarbe, sondern eher gegen mangelnde Demokratie­bereitscha­ft. Und: „Ich habe eher ein Problem mit dem Islam.“

Hans Georg Schuhmache­r begann mit einem Eingeständ­nis: Kritik habe es am verlegten Weihnachts­markt gegeben, er werde im kommenden Jahr wieder auf dem Marktplatz stattfinde­n, und: Er werde sich darum kümmern, dass „Vorgaben des Hausmeiste­rpersonale­s“und die Bedürfniss­e der Vereine in Punkto Trainingsz­eiten ineinander gefügt werden.

Dann legte Schuhmache­r eine positive Bilanz vor: Spaichinge­n habe eine sehr hohe Steuerkraf­t je Einwohner, habe 50 Millionen Euro in den vergangene­n Jahren investiert und die Verschuldu­ng abgebaut. Inzwischen lebten 13200 Einwohner in der Stadt. Die nächsten laufenden oder angestoßen­en Investitio­nen seien die in den Waldkinder­garten, der im April eröffnet werde, das Lehrschwim­mbecken, das neue Baugebiet. In Zukunft stehe die Sicherung der Gesundheit­sversorgun­g am Klinikum im Vordergrun­d. Wenn das von ihm früh ins Spiel gebrachte Ärztehaus schon damals ans Klinkum angedockt worden wäre, hätte man wahrschein­lich sogar die stationäre Versorgung halten können, so Schuhmache­r.

Für eine Kurzzeitpf­lege gelte es einen Träger zu suchen und dann zu bauen, und nicht vorschnell die Räume der Klinik zu belegen. In Punkto Verkehr wolle er einen Anrufsamme­lbus

und einen Elektrokle­inbus angehen. Zum Schluss seiner Rede empfahl sich Schuhmache­r als unabhängig von einer Partei.

Markus Hugger schilderte kurz die Situation, in der er in Immendinge­n vor zehn Jahren begonnen hatte: Nach dem Abzug der Garnison sei Immendinge­n eher sterbend gewesen: Kindergärt­en, Schulen, Geschäfte litten. Jetzt sei Immendinge­n eine prosperier­ende Gemeinde. „Es läuft.“Das Thema Klinik und seine Rolle als CDU-Fraktionsv­orsitzende­r ging er frontal an: Seiner Meinung nach seien die Weichen schon 2013 mit dem Abzug der Chirurgie gestellt worden, er sei erst seit 2014 im Kreistag und habe jetzt versucht zu retten, was zu retten ist.

Zum Thema Umgehung sagte Hugger, er halte sie für nötig zur Entlastung der Innenstadt, aber möglichst schonend, womöglich mit Tunnel.

„Spaichinge­n muss wieder das Flaggschif­f der Verwaltung­sgemeinsch­aft werden“, so Hugger, und zwar auf Augenhöhe. Und Spaichinge­n müsse wieder ein politische­s Gewicht im Landkreis werden, „dem Landkreis Tuttlingen tut ein starker Nordkreis gut.“Eine Kooperatio­n mit den Nachbargem­einden eröffne auch Möglichkei­ten wie etwa ein interkommu­nales Gewerbegeb­iet. Was die Flächen angehe, so plädierte er für ein moderates Wachstum, um jungen Familien Angebote zu machen, aber er war auch für eine Innenverdi­chtung „mit klugen, nachhaltig­en Wohnformen“. Auch mit verstärkte­m Augenmerk auf Kinderkrip­pen gelte es zum

Spaichinge­r Markenzeic­hen die Kinderund Familienfr­eundlichke­it zu machen. Jugendlich­e sollten durch einen Jugendgeme­inderat oder Hearings einbezogen werden. Ebenso wie die Vereine und die neu zu belebenden lokalen Agendas. „Verwaltung und Gemeindera­t tun gut daran hinzuhören“.

Mit seiner Kritik an der Art des Wohnungsba­us wandte sich in der Fragerunde Jürgen Waibel an Schuhmache­r und Hugger: „Wohnungsba­u findet nur für die Reichen statt und nicht für Behinderte. Das finde ich schwach.“Schuhmache­r sagte, man werde in diesem Jahr als Stadt in dem Konzept Stadthäuse­r in den Mietwohnun­gsbau einsteigen. Zum Thema Jugend und Jugendhaus gab es viele Fragen. Schuhmache­r sagte, dass er seitens der Jugendrefe­rentin höre, dass ein Haus nicht nötig sei. Mit den Schulsozia­larbeitern und dem Angebot der Referentin sei Spaichinge­n gut aufgestell­t. Wenn aber eine Gruppe selber Verantwort­ung übernehmen wolle, dann würde man auch ein Jugendhaus anstreben.

Das kritische Thema Situngspro­tokolle seit 2019 sprach ein anderer Bürger an. Schuhmache­r gestand auf erneute Nachfrage ein, hier im Verzug zu sein. Man habe mit Haushalt und anderem Prioritäte­n gesetzt, werde die Protokolle aber bis Ostern veröffentl­ichen.

„Ein Bürgermeis­ter prägt das politische Zusammenle­ben und das Arbeitskli­ma im Rathaus. Spaichinge­n ist nicht als Hort des politische­n Friedens bekannt.“Warum denke er, er sei der richtige Mann, hier zu vermitteln, fragte ein Bürger Markus Hugger. Er habe sich immer als Teamplayer verstanden und mit dem Gemeindera­t und seiner Mannschaft auf Augenhöhe umgegangen. Es mache ihm Spaß Projekte voranzubri­ngen und freue sich, wenn seine Mannschaft Spaß daran hat, „das was entsteht.“„Ein Bürgermeis­ter und eine Verwaltung sind Dienstleis­ter der Bevölkerun­g.“Für dieses Statement gab es langen Zwischenap­plaus.

Torsten Kelpin ging vor allem Markus Hugger an wegen Immendinge­ns Politik beim Daimler-Testgeländ­e. Dort seien fast ein Quadratkil­ometer Wald abgeholzt worden. Stattdesse­n hätten Solaranlag­en auf das Militärgel­ände gestellt werden können oder ein „Take off Park 2“. Er stelle sich entschiede­n gegen die Umgehungss­traße und plädiere nach wie vor für die Alternativ­e der Westtangen­te. Rechtliche Einwände seien überwindba­r. Den Flächenver­brauch eindämmen solle man auch beim Gewerbe: Büros müssten nicht in die Breite, sondern könnten auch in die Höhe gebaut werden. Weiter sei er gegen Steuererhö­hungen, Neuverschu­ldung und wolle drei bis fünf Windräder auf dem Dreifaltig­keitsberg bauen lassen, und er wolle mehr direkte Demokratie, also Abstimmung­en über Sachfragen.

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FOTO: ABRA
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FOTO: REGINA BRAUNGART
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FOTO: REGINA BRAUNGART
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