Das Geschäft mit den Corona-Toten
Boom für Sargfabrikanten und Bestatter in Spanien
MADRID - In Spanien blüht das Geschäft mit den Corona-Toten. Die spanischen Sargfabrikanten müssen angesichts der vielen Virus-Todesopfer Sonderschichten einlegen. Und manche Bestattungsunternehmen nutzen die Epidemie, um die Hinterbliebenen mit überhöhten Preisen und fragwürdigen Zuschlägen, etwa für „eine Vakuumverpackung des Verstorbenen“, übers Ohr zu hauen. Auch wurde für die Organisation von Beerdigungen abkassiert, die gar nicht stattfanden, weil sie weitgehend verboten sind.
„Am Coronavirus zu sterben ist teuer“, sagt Pepe Jordana, dessen 86jährige Mutter in einem Madrider Krankenhaus verstarb. „Es ist schrecklich, dass sich manche an diesen tragischen Ereignissen bereichern.“Mehr als 5000 Euro habe der Bestatter verlangt. Unter anderem habe man ihm einen „hermetischen Sarg“aufgedrängt, der gesetzlich gar nicht vorgeschrieben war. Und der nur für den Transport vom Hospital zum Krematorium diente, wo die sterblichen Überreste eingeäschert und in eine Urne gefüllt wurden. Es war ein stiller Expressabschied ohne die übliche große Bestattungsfeier, die wegen des geltenden Notstandsrechts verboten ist.
Empört startete Jordana anschließend auf der Internetplattform Change einen Aufruf an Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez. Er bat den Premier, dem Missbrauch und Preiswucher einen Riegel vorzuschieben. 170 000 Menschen unterschrieben in wenigen Tagen. Die Petition hatte Erfolg: Die Regierung fror nun die Bestattungspreise auf dem Niveau ein, das sie vor der Corona-Krise hatten. Alle unzulässigen Zuschläge und überhöhten Tarife müssen den betroffenen Familien zurückerstattet werden.
Die Corona-Krise sorgte auch für die Digitalisierung der Trauer: Da Bestattungsfeiern mit mehr als drei Personen derzeit wegen des Ansteckungsrisikos untersagt sind, organisieren immer mehr Familien OnlineBeerdigungen: Per Livestream wird die Mini-Trauerfeier im Krematorium oder auf dem Friedhof an Angehörige und Freunde übertragen. Das ist auf jeden Fall günstig und eröffnet, dank digitaler Techniken, neue Möglichkeiten der Feiergestaltung.
Allein in der Region Madrid sterben derzeit jeden Tag rund 300 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus – die meisten Opfer sind Senioren mit Vorerkrankungen. Insgesamt wurden in Madrid, dem spanischen Brennpunkt der Epidemie, bisher nahezu 4000 Corona-Tote registriert.
Am Mittwoch übersprang die Zahl der bestätigten Infizierten in ganz Spanien die Marke von 100 000. Konkret wurden im ganzen Land 102 136 Krankheitsfälle gemeldet – rund 7700 oder acht Prozent mehr als am Vortag. Die Zahl der Toten kletterte landesweit inzwischen auf 9053. Damit gab es in den letzten 24 Stunden 864 neue Todesopfer, so viele wie noch nie an einem Tag.
Doch die Zahlen der Infizierten und Verstorbenen spiegeln nicht das ganze Drama auf der iberischen Halbinsel wider. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle aus.
Aber es wächst auch zunehmend Hoffnung, da die Infektionskurve in kleinen Schritten abzuflachen scheint. Die absoluten Fallzahlen steigen zwar noch, aber die prozentualen Zuwächse werden kleiner.