Im Schnelldurchgang zum Chef
Oliver Kahn ist beim FC Bayern als Krisenmanager gefragt
MÜNCHEN (SID/dpa) - Vom „Praktikanten“zum Chef in nur wenigen Wochen: Seit Anfang des Jahres sollte Oliver Kahn beim FC Bayern München langsam in seine neue Rolle als Nachfolger von Vorstandsboss KarlHeinz Rummenigge eingearbeitet werden – doch durch die CoronaKrise ist der 50-Jährige plötzlich in vorderster Front als Krisenmanager gefragt. Kahn will „großen Schaden vom Fußball abwenden“. Die Zukunft der Kapitäne Neuer und Müller bleibt in dieser Phase ein Thema.
„Krisenzeiten erfordern spezielle Maßnahmen. Da kann ich es mir nicht auf dem Sonnendeck gemütlich machen, sondern muss im Maschinenraum mithelfen, dass das Schiff auf Kurs bleibt“, sagte Kahn der „Sport Bild“. Der frühere Weltklassetorhüter ist unvermittelt zum Leiter der internen Corona-Task-Force aufgerückt. Kahn geht in diesen schwierigen Zeiten wie früher auf dem Fußballplatz vorneweg, er lebt das „Mia san mia“und übernimmt Verantwortung. Zuletzt richtete er mit Trainer Hansi Flick eine Videobotschaft an die 1080 Mitarbeiter. Der angedachte Lernprozess, der spätestens mit Rummenigges Abschied zum 31. Dezember
2021 abgeschlossen sein sollte, findet nun eben unter Extrembedingungen statt.
Und Kahn nimmt die Leute in den vielen Konferenzen mit. „Ich bevorzuge einen partizipativen Führungsstil und kann mit steilen Hierarchien und starren Vorgaben nicht viel anfangen“, betonte er. Der Ausnahmezustand stelle auch für ihn „absolutes Neuland dar“. Doch Kahn, ganz Sportler, sieht die Krise als „Chance, gestärkt aus ihr hervorzugehen und widerstandsfähiger gegen solche Schocks zu werden“. Die CoronaPandemie ist für Kahn ein „epochaler“Einschnitt wie etwa der 11. September 2001. Solche Erlebnisse brächten es mit sich, „dass wir innehalten und reflektieren“. Doch niemand könne zum jetzigen Zeitpunkt „glaubwürdig vorhersagen, wie sich unser Leben und die Fußballwelt verändern wird“. Vielleicht, so hofft Kahn, „wissen wir es wieder mehr zu schätzen, was den Fußball im Kern ausmacht, nämlich Spaß, positive Emotionen und gemeinsame Erlebnisse – und nicht Hass, Pöbeleien und Gewalt“.
Neben dem Umgang mit der Krise muss Kahn auch mit an der sportlichen
Oliver Kahns Hoffnungen für seinen Sport nach der Corona-Krise Zukunft der Bayern arbeiten – Stichwort Manuel Neuer und Thomas Müller. Dem Nationaltorwart Neuer traut Kahn grundsätzlich Topleistungen bis Ende 30 zu. „Generell können Torhüter, wie ich ja auch selbst gezeigt habe, natürlich bis ins hohe Alter spielen. Es ist dann aber schon eine große Herausforderung, das hohe Niveau zu halten“, sagte Kahn der „Sport Bild“. Zuletzt war spekuliert worden, dass der gerade 34 Jahre alt gewordene Neuer seinen im Sommer 2021 auslaufenden Vertrag gerne bis 2025 verlängern würde. Zum Ende dieser Laufzeit wäre Neuer 39 Jahre alt. Kahn beendete seine Laufbahn mit 38 Jahren. Eine Einigung zwischen Kapitän Neuer und dem FC Bayern ist bislang nicht erzielt worden. Der deutsche Rekordmeister soll eine kürzere Vertragsdauer als bis 2025 erwägen. Auch Vizekapitän Thomas Müller (30) gehört zu den Spielern, deren Verträge in einem Jahr auslaufen. „Manuel Neuer und Thomas Müller sind Identifikationsfiguren des Clubs, die für Erfolg und Kontinuität stehen“, sagte Kahn.
Und dann gibt es ja noch die Trainer-Personalie: Mit 18 Siegen in 21 Pflichtspielen warb Hansi Flick für eine Verlängerung der aktuell bis zum Saisonende vereinbarten Zusammenarbeit.
Viel Arbeit also für den neuen Chef an der Säbener Straße.
„Vielleicht wissen wir es wieder mehr zu schätzen, was den Fußball ausmacht.“