Ursula von der Leyen will mit EU-Kurzarbeitergeld die europäische Solidarität stärken
Der Ton zwischen den EU-Mitgliedsstaaten wird immer gereizter, wenn darüber debattiert wird, wie die Folgen der Corona-Krise finanziell abgefedert werden sollen. Während die besonders von der Krise gebeutelten Länder Italien und Spanien auf großzügige Gemeinschaftskredite drängen („Coronabonds“), will Berlin den europäischen Rettungsfonds ESM anzapfen. Das wiederum lehnen die Südländer und auch Belgien und Frankreich ab, weil sie sich dafür zu Spar- und Reformplänen verpflichten müssten. Nun schlägt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Finanzministern vor, mit großzügigen Krediten EU-weit Kurzarbeiterregelungen zu ermöglichen. „Damit bewahren wir das Herzstück der europäischen Wirtschaft, den gut ausgebildeten Personalbedie stand“, sagt von der Leyen. Die geplanten Kreditgarantien von 25 Milliarden Euro, die bis zu 100 Milliarden Euro Kapital mobilisieren sollen, seien „Solidarität in Aktion“. Die Kommissionspräsidentin ist zuversichtlich, dass die auf Sparsamkeit bedachten nordischen Länder zustimmen werden, auch wenn sie die Hauptlast des Kreditrisikos tragen müssten. „Die nordischen Länder haben ja als erste derartige Kurzarbeitermodelle eingeführt und damit sehr gute Erfahrungen gemacht.“
Ein symetrischer Schock wie die Corona-Krise treffe eben auch gesunde Unternehmen. Der Vorteil einer Kurzarbeiterregelung sei, dass das Know-how im Betrieb bleibe. Durch die Lohnfortzahlung sei sichergestellt, dass der Konsum nicht einbreche. Auch die Zahlungen an
Sozialversicherungssysteme liefen in der Krise weiter. Von der Leyen stellte klar, dass alle 27 Mitgliedsländer von der Regelung profitieren sollen, nicht nur die Staaten mit Eurowährung. Das Instrument sei als Notfallhilfe auf die Zeit der Corona-Krise begrenzt. 2770 Milliarden Euro hätten Mitgliedsstaaten und Kommission zusammen genommen bislang aufgebracht, um die Krise abzufedern. Doch Brüssel werde noch mehr tun. Bis zu 37 Milliarden Euro könnten zudem für den Gesundheitssektor und die Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe zur Verfügung stehen. Mit weiteren drei Milliarden Euro wird der Gemeinschaftsvorrat an Schutzkleidung und Beatmungsgeräten sowie der Einsatz von medizinischen Teams, zum Beispiel in Flüchtlingscamps, finanziert. Die Europäische Investitionsbank stellt weitere 20 Milliarden Euro für mittelständische Betriebe bereit. Vor allem aber hat die EU für die Dauer der Krise die Beihilfe- und die Verschuldungsregeln gelockert. Staatliche Finanzspritzen für Firmen müssen nicht von Brüssel abgesegnet werden. Die Mitgliedsländer dürfen mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts an neuen Schulden aufnehmen.
Ob die EU-Kommission mit diesen Vorschlägen die aufgeheizte Stimmung beruhigen kann, ist fraglich. Zweimal schon haben die Finanzminister eine Videokonferenz zu den Corona-Kosten ohne Ergebnis abgebrochen. Die Regierungschefs wollen kommende Woche wieder tagen. Die nordischen Länder lehnen derweil jeden Vorschlag ab, der sie in die Mithaftung nimmt. (dw)