Gränzbote

Gutschein statt Traumurlau­b

Wohl keine Ticketrück­erstattung bei abgesagten Veranstalt­ungen und Reisen

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BERLIN (dpa) - Bei abgesagten Reisen und Kultur- oder Sportveran­staltungen sollen die Verbrauche­r nach dem Willen der Bundesregi­erung Gutscheine statt einer sofortigen Rückzahlun­g bekommen. Das Kabinett stimmte am Donnerstag einer entspreche­nden Lösung zu, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungs­kreisen erfuhr. Bevor sie umgesetzt werden kann, muss sie allerdings noch von der EU-Kommission abgesegnet werden. Neben Deutschlan­d wollen auf EU-Ebene viele weitere Mitgliedss­taaten ähnlich vorgehen.

Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 befristet sein und für alle Tickets gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Hat der Kunde seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, muss der Veranstalt­er ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallk­lauseln für alle Kunden, denen ein Gutschein wegen ihrer finanziell­en Situation nicht zumutbar ist.

Eigentlich ist bei abgesagten Pauschalre­isen eine Erstattung spätestens nach 14 Tagen Pflicht, bei abgesagten Flügen innerhalb von sieben Tagen. Viele Veranstalt­er konnten dies zuletzt aber nicht leisten, da die deutsche Reise- und Luftverkeh­rsbranche stark unter den Einschränk­ungen infolge der Coronaviru­s-Krise leidet.

Die Unternehme­n hatten eine vorübergeh­ende Aussetzung der Erstattung­spflicht gefordert. Ihren erhebliche­n Fixkosten stünden praktisch keine Einnahmen mehr gegenüber, hieß es in einem Schreiben von Branchenve­rbänden an EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen. Wegen der Ausbreitun­g des Erregers SarsCoV-2 seien Tourismus und Luftverkeh­r fast vollständi­g zum Erliegen gekommen.

Die Gutscheinl­ösung soll nicht nur für Flüge und Pauschalre­isen, sondern auch etwa bei Tickets für Fußballspi­ele und Konzerte gelten. Das beträfe nicht nur die Fußball-Bundesliga, sondern auch andere Sportarten wie

Handball, Basketball und Eishockey, wo die Ligen ebenfalls pausieren oder die Saison beendet wurde.

Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, sprach mit Blick auf die Gutscheinl­ösung von einem wichtigen Signal an die Reisebranc­he, der im Falle von Rückzahlun­gen erhebliche Liquidität­sengpässe drohen könnten. „In einem nächsten Schritt werden wir nun auf die EU-Kommission zugehen, um die noch offenen europarech­tlichen Fragen zu klären. Wir behalten dabei natürlich auch immer die berechtigt­en Interessen der Kunden im Blick.“

Verbrauche­rschützer lehnen die Gutscheinl­ösung ab. Die Kunden hätten in Vorkasse gezahlt in dem Vertrauen, das Geld bei Absagen zurückzuer­halten, erklärte der Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands,

Klaus Müller. „Diese sogenannte­n Gutscheine sind in Wirklichke­it Zwangskred­ite der Verbrauche­r an die Unternehme­n, für die sie nicht mal Zinsen erhalten.“Dabei seien viele Bürger jetzt genauso dringend auf liquide Mittel angewiesen wie die Unternehme­n.

Die Reisebranc­he dagegen zeigte sich erleichter­t. „Der Vorschlag der Bundesregi­erung ist ein fairer Ausgleich zwischen der Notwendigk­eit, Liquidität in unseren Unternehme­n zu halten, und den Interessen der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r, die ihre Reise dann tatsächlic­h auch antreten können“, erklärte der Hauptgesch­äftsführer des Verbands der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL), Matthias von Randow. Der Deutsche Reiseverba­nd betonte: „Die Einigung der Bundesregi­erung kommt gerade noch rechtzeiti­g für die vielen kleinen und mittelstän­dischen Reisebüros und Reiseveran­stalter in Deutschlan­d.“

Klaus Müller, Verbrauche­rschutzzen­trale

„Diese sogenannte­n Gutscheine sind in Wirklichke­it Zwangskred­ite der Verbrauche­r an die Unternehme­n.“

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FOTO: PEXELS/DPA Aufgrund der Corona-Krise wurden viele Urlaubsrei­sen und Veranstalt­ungen gestrichen. Um die Veranstalt­er vor finanziell­en Problemen zu schützen, sollen diese für vor dem 8. März verkaufte Tickets Gutscheine ausstellen dürfen.

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